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II. Die frühen komischen Biider in Italien vor und um 1500
Die schriftlichen Quellen des 15. Jahrhunderts alleine können über die
Existenz einer "komödienhaften" Bildgattung keine hinreichende Auskunft
geben. Um die Entstehung dieser Bildgattung besser einschätzen zu
können, müssen die künstlerischen Optionen burlesker Bilder vor und um
1500 erörtert werden, die sich vor allem in Stichen und Zeichnungen
erhalten haben.
Das "Häßliche Paar" auf einem der sogenannten Otto-Prints, die vermutlich
zwischen 1465 und 1480 entstanden, belegt eine Florentiner Tradition
bildlicher Komik (Abb.l).'^ Das grobschlächtige Paar wird durch den
handschriftlich ergänzten, zeitgenössischen Text in der Banderole zum
Gegenstand der Komik. Der Mann mit Halbglatze sagt zu seinem
Gegenüber: "Dammi conforto" (Gib mir Linderung/Schenk mir deine
Gunst). Die Blüte im Ausschnitt der Frau kennzeichnet diese Aufforderung
als sinnlich. Blumen waren ein fester Bestandteil zeitgenössischer
Liebesgedichte.'"" Die Randleiste mit den musizierenden Putten ist Teil
der Parodie."" Den "komischen Mechanismus", den der Stich in Gang
setzen sollte, veranschaulicht eine Anekdote aus den Angelo Poliziano
zugeschriebenen "Detti piacevoli":
"Santi 'che non ride', cosi detto, perche mai non era stato veduto
ridere, andando a vedere la sposa sua, come lei bruttissima vidde,

'""Vgl. E. H. Gombnch (1976), S.57f. Zum Stich siehe A. M. Hind (1938-48), A.IV.14
(Plate 143), und TIB, Bd. 24 (Commentary), S.142 (Nr. 2403.023) (Abb. in TIB, Bd.24,
S.209, Nr.6 [144]). K. Clark (1968-69), Bd.l, S.XLIII, Anm.l, vermerkt, daß er die
Köpfe im Zentrum für später hinzugefügt hält. Clark verweist dabei auf einen Stich mit
dem nachträglich eingefügten Portrait Pietro Aretinos (Abb.3), den ich noch näher
besprechen werde. Allerdings zeigen die Rahmen-Putten in der Strichführung - soweit
sich dies anhand von Abbildungen beurteilen läßt - erhebliche Ähnlichkeiten mit dem
Mitteltondo.
""Die persiflierte Flora-Ikonographie besitzt eine breite Tradition; siehe den fruchtbaren
Artikel von J. S. Held (1961), besonders Fig.l. Zur Blumen-Topik in der
zeitgenössischen Lyrik im Umfeld Lorenzo de' Medicis vgl. den Beitrag - der nicht
ganz das hält, was man in diesem Zusammenhang dem Titel nach erhofft - von D. De
Robertis (1987).
'"'Vgl. A. M. Hind (1938-48), A.IV. 13, zu einer ganz ähnlichen Leiste in einem
"schicklichen" Zusammenhang. Zur Entwicklung der hier parodierten Form des
Ehegatten-Doppelbildnisses vgl. B. Hinze (1974).

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