Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Contr.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (1. HeftTheil 2, 6. Band, 1. Heft): Historische Darstellung der Entwickelung des Baustils — Stuttgart: Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung, 1898

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.67517#0144
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
12/

zu Rom zu finden ift. Für die zweite Gruppe hingegen ftellen Gebäude, wie das
Innere des Chorbaues der Kathedrale zu Como, der Vorhof der Kirche Sta. Maria
preffo San Celjo zu Mailand, die kleine von Guglielmo Bergamasco herrührende
Faijade im Hof des Dogenpalaftes zu Venedig, der Vorraum zur Sacriflei der Kirche
San Spirito zu Florenz, die Fapade der Kirche zu Abbiate Graffo und die Kirche
Madonna di Piazza zu Bufto Arfizio die entfprechende italienifche Phafe dar.
Unter den ausgeführten Bauwerken diefer zweiten Gruppe wird es nicht leicht,
ein gröfseres diefer Art zu nennen. Wären die beiden Capellen der Kathedrale
zu Toul (Fig. 186 u. 191) nur etwas feiner in den Verhältniffen und in den Einzel-
heiten, fo würde ihnen wohl die erfte Stelle einzuräumen fein. Sonft find, bis zu
einem gewiffen Grade, die Chapelle de St.-Romain zu Rouen (Fig. 34) und die beiden
Säulen von Jean Goujon zu St.-Maclou in derfelben Stadt zu nennen. An der
Fontaine des innocents zu Paris und im Louvre-Hof dafelbft ift die in Rede flehende
Phafe bereits überfchritten.
Auf dem Gebiete decorativer Ausführungen kann in der Capelle zu Ecouen
auf das hohe Geländer der Orgelbühne und die Schranke mit der Thür in der
Holztäfelung, jetzt in die Capelle zu Chantilly übertragen, hingewiefen werden;
beide find Werke von Jean Goujon. Auch des letzteren Karyatiden-Tribune im
Louvre, die ältere feiner Thüren in der Kirche St.-Maclou zu Rouen und in der
Kathedrale dafelbft, fo wie der obere Fries des Grabmals Breze wären zu nennen.
Auch diefe Phafe der franzöfifchen Architektur ift in den Zeichnungen und
Stichen von Du Cerceau vertreten. Kein ausgeführtes Bauwerk zeigt wohl eine
mehr claffifche, edlere und lebendigere Profilirung, deren Glieder mit Rankenwerk
und Ornamenten von überaus feinem Schwünge belebt find, wie folches in einigen
Blättern feines Werkes ^Details d? ordres darchitecture«. zu finden ift 282).
d) Hoch-Renaiffance.
(Stil Heinrich ZZ.)
Etwa 1540 (oder 1545)—1570.
Vergleicht man die Bauwerke der franzöfifchen Hoch-Renaiffance, die man
auch die claffifche Epoche des XVI. Jahrhundertes nennen follte, mit denjenigen
der vorhergehenden Entwickelungsftufe, fo erfcheinen fie wie die natürliche Folge
des beftändigen logifchen Wirkens, welches von dem neuen Geifte ausging, der
gegen Ende des XV. Jahrhundertes aus Italien in die franzöfifche Architektur ein-
zudringen begann. Das ftete Anwachfen der italienifch-antiken Elemente und das
ununterbrochene Verfchwinden der gothifchen mufften dazu führen.
Nachdem man zuerft die Einzelheiten, fpäter allmählich auch die gröfseren
Formen, wie Thüren, Fenfter und Säulenordnungen, der italo-antiken Kunft ein-
geführt hatte, kam man nach und nach zu dem Augenblicke, in dem man die
Gefammtcompofition und felbft auch die Grundriffe, fo weit es die einheimifchen
Anfchauungen geftatteten, möglichft im Sinne der BramantedchevL Hoch-Renaiffance,
welche durch die Schüler diefes Meifters während der erften Hälfte des XVI. Jahr-
hundertes Italien beherrfchte, zu geftalten fuchte. Die Anwendung diefes Programms
auf die franzöfifchen Verhältniffe, feine Durchbildung mit franzöfifchem Geifte —
dies find die kennzeichnenden Momente der Hoch-Renaiffance Frankreichs.

*34-
Beifpiele
der zweiten
Richtung.

135-
Kenn-
zeichnung.

282) Siehe: Geymüller, H. de. Les Du Cerceau etc. Paris 1887. Fig. 82 u. 83, fo wie S. 314.
 
Annotationen