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Arbeits.

WEITERE VENEZIANISCHE ZEICHNUNGEN DER SALZBURGER

STUDIENBIBLIOTHEK.1

PAOLO VERONESE (1528—1588). STUDIEN ZU RAHEL AM BRUNNEN (Genes. XXIX).

Die Art und Weise, Kompositionen zu entwerfen, ist bei jedem Künstler eine verschiedene.
Meistens handelt es sich um die gesamte inhaltliche Anlage in irgendeiner Technik, neben welcher
noch viele einzelne Studien von Bewegungs-, Gewand- und Ausdrucksmotiven einherlaufen. Daß
sich aber der Bildgedanke an die Hauptfigur allein anlehnt, dieselbe in immer neuer Gestaltung
abgewandelt wird, bis sie endlich vollauf entspricht, gehört zu den seltenen Fällen. Nebenpersonen,
lokales inhaltliches Beiwerk, Landschaft und Hintergrund treten erst dann hinzu, wenn sich die
zwingende Vorstellung von der Hauptperson bereits geltend gemacht hat. Ein Beispiel des letzteren
Vorganges liefert eine Salzburger Zeichnung in Abb. 2.2

Es drängt hier das raffiniert gestellte Bewegungsmotiv einer Frauengestalt, die sich mit der
ausgestreckten rechten Hand an dem rechten Fuße zu schaffen macht, nach wirksamer Klarheit.
Die dadurch hervorgerufene Beugung des halbbekleideten Körpers ergibt Überschneidungen und
Konturen, die zu immer neuen Formproblemen führen. Erst nachdem die Lösung (in der Abb. Mitte
rechts) bis zu einem befriedigenden Punkte gelangt war, traten die epischen Bestandteile hinzu, die
eine Deutung der Darstellung ermöglichten: ein Brunnen, aus welchem Tiere trinken, so daß wir etwa
an Rahel am Brunnen denken können. In weiterer Fortsetzung entsteht links unten noch eine neue
Skizze zur Ergänzung des vorhergehenden Themas, eine wasserschöpfende männliche Gestalt,
also Jakob. Zum Schlüsse eine letzte abweichende Auffassung der Rahel, die vor einem antiken
Brunnen sitzt. So führte die Einzelfigur allmählich zur Legende.

Wenn wir nach dem Namen des Künstlers fragen, so geben die breiten, scharfen Federstriche,
die Pinsellavierungen, die Gesichtseinteilung (Augen-, Mund- und Nasenstriche) zunächst einen
ziemlich deutlichen und sicheren Hinweis auf Paolo Veronese. Außerdem erscheint dieses seltene
Bewegungsmotiv auch zweimal in seinen Gemälden, in der »Susanna« in Dresden und in dem »Brande
von Sodoma« in Paris.3 Und wenn wir in Ridolfis Viten den Werken des genannten Künstlers nach-
spüren, so erfahren wir, daß er tatsächlich ein Bild: Jakob und Rahel gemalt hat, denn wir lesen in
der Hadeln-Ausgabe I, p. 320, daß bei der Aufzählung der Gemälde im Besitze der Herren Christoforo
und Francesco Muselli erwähnt werden: »due pellegrine inventioni di Giacob al fönte con
Rachelle* e dell' Adultera accusata dagli Scribi a Christo«. Wie dieses Bild aussah, erzählt er nicht.

1 Vgl. Heft 1 dieses Jahrganges, S. 1 ff.

2 Studienbibl. Salzburg, Bd. VI, H. 817, neu 480. Feder- und Pinselzeichnung in Bister, 26'5 : 17-5 cm. Wasserzeichen mittlerer Reichsapfel.

3 Meißner, Paolo Veronese, Abb. 10 und 72 in: Künstlermonographien XXVI.

' Hadeln weist in Anm. 11 ebendaselbst auf ein von Louis Jacob für Crozat, Recueil II, 30 gestochenes Gemälde hin, welches sich damals
im Besitze von H. Biberon de Cormery, früher bei Herzog von Liancourt, befand. Eine Überprüfung dieses Hinweises ergab, daß in Recueil,
Ergänzungsb., zwar ein Stich nach Veronese, jedoch darstellend »Rebecca- (und Eliezar), existiert, die eine völlig verschiedene Händehaltung auf-
weist; neben ihr ein Mann (Eliezar) mit zwei Kamelen, der ihr ein Halsband reicht. Außerdem noch drei Kamele. Kompositioneil ist keine Verwandt-
schaft mit unserer Zeichnung und dem Schenck-Stich (siehe Abb. 1 oben) zu finden, so daß das ehemalige Gemälde nicht in Betracht gezogen
werden kann. Außerdem gibt es bei Crozat, Recueil II, noch einen Stich: Entrevue de Jacob et Rachel von Jeauras, aber nach Fr. Mola.

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