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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — N.F. 4.1939

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Müller, Lieselotte: Eine Heemskerckzeichnung als unbenutzte Vorlage für die Stichfolge der "acta apostolorum"
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https://doi.org/10.11588/diglit.6339#0066
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LIESELOTTE MÖLLER / EINE HEEMSKERCKZEICHNUNG ALS
UNBENUTZTE VORLAGE FÜR DIE STICHFOLGE DER „ACTA

APOSTOLORUM"

Im Besitz von Herrn H. Mutzenbecher,1 Hamburg, befindet sich eine Heemskerck-Zeich-
nung (Abb. 1), welche allem Anschein nach bisher in der Literatur unbekannt geblieben ist.
Sie hat weder in Leon Preibisz' Monographie2 Erwähnung gefunden, noch läßt sie sich aus
dem Katalog des Thomas Kerrich3 erschließen.

Daten: Federzeichnung mit Bistertinte auf Papier ohne Wasserzeichen (20-6x28*5). Rück-
seite an den Rändern bereits mehrmals mit Falzstreifen beklebt. Unten rechts Signatur und
Datum: „Heemskerck in ventor 1573" und —■ gleichfalls unten rechts — über die Ecke der
Randlinien gedruckt: das Sammlerzeichen (r, d. i. das Monogramm von Richard Cosway.4

In dem Katalog der Slg. Cosway, deren Versteigerung vom 14. bis 22. Februar 1822 bei
Stanley, London, stattfand, sind viermal Heemskerck-Zeichnungen ohne nähere Bestimmung
aufgeführt:

S. 12, Nr. 235, „A pen and ink drawing, by Hemskirk";

S. 36, Nr. 891, ,,A pen and ink drawing, by Hemskirk";

S. 39, Nr. 987, ,,Four, Gian di Bologna, Hemskirk and others";

S. 52, Nr. 1374, „Three, Hemskirk".
In wessen Hände die Zeichnung damals überging, ist nicht bekannt. Der jetzige Besitzer
erwarb sie in New York.

Es handelt sich — wie die Jahreszahl 1573 angibt — um eine der späten Handzeichnungen
des 1574 verstorbenen Meisters. Die Komposition ist offenbar auf graphische Wiedergabe im
Gegensinne berechnet. Und in der Tat erscheint es, auf Grund der Datierung einmal, viel mehr
aber der ungewöhnlichen Darstellung wegen, möglich, sie mit einer Stichfolge in Verbindung
zu bringen, für die Heemskerck in den Jahren 1571—73 eine ganze Reihe von Vorlagen machte.
Gemeint sind die „Acta Apostolorum", von Philipp Galle gestochen und 1575 in Antwerpen
von demselben herausgegeben. Kerrich schreibt (S. 54) über die Stichfolge: „This was the last
work of Heemskerck; and he left it unfinished". In der 1. Ausgabe der „Acta Apostolorum"
erschienen insgesamt 16 Stiche nach Heemskerck, in einer folgenden zusammen 36 Blätter,
darunter noch ein weiteres nach Heemskerck, die übrigen nach Entwürfen von Stradanus.
Die 17 Heemskerck-Vorlagen sind ausnahmslos erhalten (heute bewahrt im Kopenhagener
Kupferstich-Kabinett, vgl. Preibisz S. 94 ff., Nr. 131—147). Für das Blatt 8 führt Preibisz zwei
Zeichnungen an (s. Nr. 138 und 181 seines Handzeichnungskataloges a. a. 0.), für Blatt 12 der
ersten Ausgabe außer der Kopenhagener Vorlage (Nr. 143) noch ein Blatt von 1569 im Berliner
Kupferstich-Kabinett, welches die gleiche Komposition im gleichen Sinne wie der Stich zeigt.

Die Maße der hier wiedergegebenen Zeichnung stimmen mit denen der Kopenhagener Zeich-
nungen überein. (Alle weichen geringfügig voneinander ab.)

In der Stichfolge schließt die Reihe der Heemskerckschen Erfindungen mit der Erweckung
der Tabitha (Apostelgesch. 9, 36—42). In der Bibel folgt danach der Aufenthalt Petri bei dem

1 Herrn Mutzenbecher sei hier für die Überlassung der Zeichnung zum Zwecke der Bearbeitung und des Photor
graphierens aufs beste gedankt.

2 Martin van Heemskerck, Ein Beitrag zur Geschichte des Romanismus in der niederländischen Malerei des
16. Jahrhunderts von Leon Preibisz, Leipzig 1911.

3 Thomas Kerrich, A catalogue of the prints which have been engraved after Marlin van Heemskerck, Cam-
bridge 1829.

4 Vgl. Frits Lugt, Les marques de collections de dessins et d'estampes, Amsterdam 1921, Nr. 629.

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