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T e c Ii n i k

d'oü ils sont nommes Bätons de croisure et afin que les fils ainsi croises se main-
tiennent toujours dans un arrangement convenable, on entrelesse aussi entre les fils,
mais au-dessus du bäton de croisure une ficelle ä laquelle les Ouvriers donnent le nom
de Fleche."

Von Interesse ist ferner der kleine Apparat (Abb. 5, Fig. 2), ein sinnreich konstruierter
Kerzenhalter, den der Wirker des Abends im Knopfloche seines Leibrockes einhängt.
Die Tatsache einer derartigen Vorrichtung überrascht. Bei der mehr wie mangel-
haften Beleuchtung war eine Auswahl der Farben schlechthin unmöglich, ganz ab-
gesehen davon, daß von einem vergleichenden Beobachten der Vorderseite der Wirkerei
keine Rede sein konnte.

In verschiedenen Verordnungen wird das Arbeiten bei Licht untersagt, weniger im
Interesse der künstlerischen Durchführung der Arbeit als der starken Feuersgefahr
halber. In den einwandfrei eingerichteten Sälen der Gobelins erschien die letztere
Befürchtung stark vermindert. Vergegenwärtigen wir uns die behördlich zugelassene
Arbeitszeit des Wirkers, so ist es unschwer zu verstehen, daß trotz aller Verbote das
Arbeiten bei Licht zur Naturnotwendigkeit wurde. Der Werkeltag umfaßte in Brüssel
im Sommer 121/*» im Winter etwa 8 Stunden. Der Mittag lag in der Zeit von II
bis IS1/«, außerdem wurden zwei einhalbstündige Pausen gewährt. Am 1. Februar
begann die Tätigkeit morgens um 1j27 beim Klang der uWerckclocke", um II Uhr
ertönte die Mittagsglocke, um 1/.26 mahnte die „Drabclocke" zum Schluß. Um 10 Uhr
schlug die „leste clocke" und zeigte die Polizeistunde an. Bereits in der Verordnung
vom 7. April 1451 erhalten die Wirkereibetriebe die Erlaubnis bis zur letzten Glocke,
also bis abends 10 Uhr, die Stühle im Gang halten zu dürfen (9). In Paris wurde im
Sommer mit der entsprechenden Mittagspause von 5 Uhr morgens bis 7 Uhr abends,
im Winter von 6 Uhr morgens bis 8 Uhr abends gearbeitet (10).

Die Tatsache ist insofern von Bedeutung, als sie unzweifelhaft erkennen läßt, daß
die Auswahl der Farben vor der Inangriffnahme der betreffenden Arbeit erfolgt sein
mußte. Der Vorgang vollzog sich dergestalt, daß entsprechend den verschiedenen
freien Tönen, die sich in drei und mehr Nuancen stufen, der Wirker sich die be-
spulten Flieten heraussuchte und zurechtlegte. Die Vorzeichnung der Kette zeigte
außer den Umrißlinien die Tongrenzen, so daß unschwer auch abends ein Arbeiten
möglich war. Es kommt hinzu, daß in den guten Zeiten der Bildteppichwirkerei die
Aufeinanderfolge der Nuancen nach festen Regeln erfolgte: Blau löste sich in Weiß,
Grün in Gelb usw.; selbst eine so schwierige Arbeit wie das Schraffen reicher Ge-
wänder war nicht unbedingt vom Tageslicht abhängig. In der Regel wird die Be-
deutung der Hautelissetechnik gegenüber dem Basselisseverfahren bei weitem über-
schätzt. Ein unverkennbarer Vorteil des hochlitzigen Gezeugs liegt zweifelsohne darin,
daß der Wirker jederzeit Gelegenheit hat, den fertiggestellten Teil seines Werkes
von der Bildseite aus zu prüfen, etwaige Fehler zu entfernen oder zu mildern. Be-
rücksicht man aber, daß die betreffende Darstellung quer gewirkt wurde, ferner daß der
sichtbare Teil des in Arbeit befindlichen Behanges höchstens die Hälfte der Stuhlhöhe
umfaßte — die neuzeitliche Methode, die Peter Gentiii für die römische Staatsmanu-
faktur anwendet, bleibt für unsere Betrachtung ohne Belang (11) —, so erfährt der
Vorteil immerhin eine erhebliche Abschwächung. Die Prüfung erstreckte sich nicht
in erster Linie auf die Farbengebung, sondern auf die Genauigkeit und Klarheit der
Zeichnung. Die vergleichende Prüfung ist für den Wirker am Hochstuhl eine Not-
wendigkeit, bedenkt man, daß die auf der Kette aufgepauste Zeichnung nur von
zweifelhaftem Werte ist, da der Tapissier gegen das Tageslicht arbeitet; der in seinem
Rücken hängende schlecht beleuchtete Karton dient nur als schwacher Notbehelf. Hilfs-
mittel, wie die am neuzeitlichen Gezeug angebrachten Spiegel, die ständig einen Ver-
gleich mit der Vorlage ermöglichen, waren unseren Bildwirkern fremd. Ebensowenig
ist der zweite Einwand, der Wirker am Hochstuhl arbeite beschaulicher, daher künst-
lerisch hochwertiger, ohne weiteres berechtigt. Die Basselissetechnik erstrebt zweifels-
ohne eine Beschleunigung des Vorganges; sie ist das Ergebnis der riesigen Aufträge, die

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