A r r a s
um eine Episode aus der Sage des Jourdain de Blaye, die das Freundschaftsepos Amis
et Amiles weiterspinnt, Jourdain ist der Enkel des Amis, dem Kaiser Karl die Schwester
Hardres zur Gattin bestimmt und mit dem Lehen von Blaye ausstattet, Froment —
das F auf den Schiffswimpeln deutet auf den Helden — tötet Jourdains Eltern, der
selbst nur dem Verderben durch den Opfermut seines Paten Renier entgeht, Die nun
folgende Historie ist der Typus des verwickelten Abenteurerromans, seltsam verquickt
mit dem frühgriechischen uApollonius von Tyrus*, der von der Tötung des Lohier,
Kaiser Karls Sohn, von Kämpfen mit Seeräubern, mit dem riesenstarken Heiden Sortin
und allerlei eigenartigen Verwicklungen erzählt.
Eine auch nur oberflächliche Wiedergabe des weit ausgesponnenen Stolfes würde
Seiten füllen. Die Blaye-Sage ist mehrfach literarisch behandelt und zudem von C. Hof-
mann im Texte herausgegeben, so daß sich weitere Erläuterungen erübrigen (30).
Der Teppich bringt mit seltener Ausführlichkeit die schon in der St. Piat und Eleu-
theriusfolge festgestellten Eigenarten, die er um wesentliche Details erweitert. Besonders
charakteristisch ist die Wiedergabe des Wassers, das durch die dicht nebeneinander
gelegten Striche emporzüngelnden Flammen gleicht. Die Felsbildung zeigt den Papier-
mache-Charakter, der stellenweise die Bergpartien wie angeklebte Baumschwämme
erscheinen läßt. Die Verwandtschaft des seitlichen Abschlusses mit der fast ein Halb-
jahrhundert späteren Tournaiser Alexanderfolge des Palastes Doria ist unverkennbar.
Die Wechselbeziehungen der Malerschulen beider Städte, die wir um die Mitte des
15. Jahrhunderts, gelegentlich der Tätigkeit des Jacquet Daret, bereits feststellen
konnten, scheinen weiter zurückzureichen, ohne zunächst auf die Tournaiser Bildtep-
pichmanufakturen sonderlich belebend einzuwirken. Eigenartig in dem Blayeteppich ist
lerner die Aufteilung des Vordergrundes in bogenförmige, nierenartige Abschnitte, die
in der Art der Lösung in gewisse Verbindung mit gleichzeitigen süddeutschen Bild-
wirkereien zu bringen sind.
Die distel-, herz- und kreisförmigen Blätter, die farrenartigen Gebilde sind typisch
für die Bild Wirkerei von Arras. Das gleiche gilt von den Blumen des Vordergrundes.
Denkbar einfach und zugleich überaus wirksam wird das Gras durch vier oder fünf
geschwungene Linien charakterisiert, in der Mitte schießt ein schlanker Stengel hoch,
dei* zumeist drei Kelche, bisweilen auch nur eine Blüte trägt. Der Patronenmaler
sucht die kleinen Hügel plastischer zu gestalten, indem er allerhand Getier Erdhöhlen
entkriechen läßt.
Die breite, zugleich klare und weiche Durchbildung der Architektur' der
Piat- und Eleutheriusfolge finden wir in dem Behänge des Paduaner Stadtmuseums
wieder.
Die Behandlung des Haar- und Bartwuchses zeigt die charakteristische Technik, die
bei der Wiedergabe des Wassers in Erscheinung tritt. Die schlicht herabfallenden,
leicht gewellten Strähnen schimmern in fast seidenartiger Weiche.
Eigentümlich ist der obere Abschluß des Teppichs durch das über den Schriftbändern
hinlaufende, stilisierte Wolkenband, das in dieser Anordnung wie ein Bordürenmuster
wirkt und in gewissem Sinne an den Schellen- und Distelfries der Tournaiser Folgen
zu Beginn des 16. Jahrhunderts erinnert, mit dem es eine ähnliche Konturenwirkung
gemein hat.
Der Blayeteppich gibt einen hohen Begriff von der Arraser Bildwirkerkunst zu Be-
ginn des 15. Säkulums. Mit wenigen technischen Mitteln, die virtuos eingesetzt sind,
wird eine ebenso klare wie plastisch-schmiegsame, dem Wesen des Wandteppichs durch-
aus angepaßte Wirkung erzielt. In den Lichtern wird bisweilen auf die Schraffen-
technik überhaupt verzichtet; die treffsicher geführte Konturierung genügt, um den
Übergang zu den wuchtig behandelten Schatten der anschließenden Teile herauszu-
arbeiten.
Die Arraser Technik findet sich in mehreren Fragmenten wieder, so in erster Linie in
dem Liebesteppich des Pariser Louvremuseums (Abb. 190). Ein Edelmann nähert sich
um eine Episode aus der Sage des Jourdain de Blaye, die das Freundschaftsepos Amis
et Amiles weiterspinnt, Jourdain ist der Enkel des Amis, dem Kaiser Karl die Schwester
Hardres zur Gattin bestimmt und mit dem Lehen von Blaye ausstattet, Froment —
das F auf den Schiffswimpeln deutet auf den Helden — tötet Jourdains Eltern, der
selbst nur dem Verderben durch den Opfermut seines Paten Renier entgeht, Die nun
folgende Historie ist der Typus des verwickelten Abenteurerromans, seltsam verquickt
mit dem frühgriechischen uApollonius von Tyrus*, der von der Tötung des Lohier,
Kaiser Karls Sohn, von Kämpfen mit Seeräubern, mit dem riesenstarken Heiden Sortin
und allerlei eigenartigen Verwicklungen erzählt.
Eine auch nur oberflächliche Wiedergabe des weit ausgesponnenen Stolfes würde
Seiten füllen. Die Blaye-Sage ist mehrfach literarisch behandelt und zudem von C. Hof-
mann im Texte herausgegeben, so daß sich weitere Erläuterungen erübrigen (30).
Der Teppich bringt mit seltener Ausführlichkeit die schon in der St. Piat und Eleu-
theriusfolge festgestellten Eigenarten, die er um wesentliche Details erweitert. Besonders
charakteristisch ist die Wiedergabe des Wassers, das durch die dicht nebeneinander
gelegten Striche emporzüngelnden Flammen gleicht. Die Felsbildung zeigt den Papier-
mache-Charakter, der stellenweise die Bergpartien wie angeklebte Baumschwämme
erscheinen läßt. Die Verwandtschaft des seitlichen Abschlusses mit der fast ein Halb-
jahrhundert späteren Tournaiser Alexanderfolge des Palastes Doria ist unverkennbar.
Die Wechselbeziehungen der Malerschulen beider Städte, die wir um die Mitte des
15. Jahrhunderts, gelegentlich der Tätigkeit des Jacquet Daret, bereits feststellen
konnten, scheinen weiter zurückzureichen, ohne zunächst auf die Tournaiser Bildtep-
pichmanufakturen sonderlich belebend einzuwirken. Eigenartig in dem Blayeteppich ist
lerner die Aufteilung des Vordergrundes in bogenförmige, nierenartige Abschnitte, die
in der Art der Lösung in gewisse Verbindung mit gleichzeitigen süddeutschen Bild-
wirkereien zu bringen sind.
Die distel-, herz- und kreisförmigen Blätter, die farrenartigen Gebilde sind typisch
für die Bild Wirkerei von Arras. Das gleiche gilt von den Blumen des Vordergrundes.
Denkbar einfach und zugleich überaus wirksam wird das Gras durch vier oder fünf
geschwungene Linien charakterisiert, in der Mitte schießt ein schlanker Stengel hoch,
dei* zumeist drei Kelche, bisweilen auch nur eine Blüte trägt. Der Patronenmaler
sucht die kleinen Hügel plastischer zu gestalten, indem er allerhand Getier Erdhöhlen
entkriechen läßt.
Die breite, zugleich klare und weiche Durchbildung der Architektur' der
Piat- und Eleutheriusfolge finden wir in dem Behänge des Paduaner Stadtmuseums
wieder.
Die Behandlung des Haar- und Bartwuchses zeigt die charakteristische Technik, die
bei der Wiedergabe des Wassers in Erscheinung tritt. Die schlicht herabfallenden,
leicht gewellten Strähnen schimmern in fast seidenartiger Weiche.
Eigentümlich ist der obere Abschluß des Teppichs durch das über den Schriftbändern
hinlaufende, stilisierte Wolkenband, das in dieser Anordnung wie ein Bordürenmuster
wirkt und in gewissem Sinne an den Schellen- und Distelfries der Tournaiser Folgen
zu Beginn des 16. Jahrhunderts erinnert, mit dem es eine ähnliche Konturenwirkung
gemein hat.
Der Blayeteppich gibt einen hohen Begriff von der Arraser Bildwirkerkunst zu Be-
ginn des 15. Säkulums. Mit wenigen technischen Mitteln, die virtuos eingesetzt sind,
wird eine ebenso klare wie plastisch-schmiegsame, dem Wesen des Wandteppichs durch-
aus angepaßte Wirkung erzielt. In den Lichtern wird bisweilen auf die Schraffen-
technik überhaupt verzichtet; die treffsicher geführte Konturierung genügt, um den
Übergang zu den wuchtig behandelten Schatten der anschließenden Teile herauszu-
arbeiten.
Die Arraser Technik findet sich in mehreren Fragmenten wieder, so in erster Linie in
dem Liebesteppich des Pariser Louvremuseums (Abb. 190). Ein Edelmann nähert sich