C a m b r a i
andauernden Zollschwierigkeiten, legen ihm den Gedanken nahe, nach mehrfachen
Niederlassungsversuchen in Tournai den endgültigen Wirkungskreis zu finden. In den
ersten Jahren des 18. Jahrhunderts betreibt der Meister nicht weniger wie 22 Stühle; die
Niederlage der französischen Truppen unter Yendöme, die Sperrung der französischen
Grenzen, die Wiedereinverleibung Tournais in den Verband der österreichischen Lande,
zwingen Baert sein Unternehmen auf etwa den vierten 'Feil zu reduzieren. Die Hoff-
nung des Meisters Joannes, durch Fleiß und Umsicht der Verhältnisse Herr zu
werden, erfüllen sich nicht. Joannes Baert der Ältere macht ein neues Unternehmen in
Torcy bei Paris auf, sein gleichnamiger ältester Sohn bleibt in Tournai. Das Atelier schließt
bereits 1718 seine Pforten; Johann Baert sucht seine Bekanntschaft mit den führenden
Finanz- und Staatsmännern zu benutzen, um sich einen neuen Wirkungskreis zu sichern.
Die Niederlassung in Cambrai wurde zum Teil durch den sanften Druck des Provinzial-
inteudanten, nicht allein durch die wirtschaftliche Einsicht der Stadtväter ermöglicht.
1724 ist Johannes Baert in Cambrai ansässig. Am 20. Januar 1725 erfolgt zum ersten Male
die Auszahlung der städtischen Beihilfe für das abgelaufene Jahr in Höhe von 240 Flo-
rins (2). Eine weitere Anweisung (30 Gulden) wird unter dem 31. Juli als Ablösung der
zollfrei für den Bedarf seiner Angestellten und seiner Familie zugesicherten Braugerste
gewährt. Als Mietentschädigung erhält Baert die Summe von 100 fl. Das Entgegen-
kommen der Stadtverwaltung ist zweifelsohne recht weitgehend. Merkwürdigerweise
finden sich außer den ständig wiederkehrenden Subventionen nur geringe Beträge für
angekaufte Bild Wirkereien. 1737 bezieht Joannes Baert für 45 Quadratellen Wirk-
teppiche — die Art der Darstellung wird nicht erwähnt — 270 fl. Der Einheitspreis
von 6 fl. läßt auf einfache Arbeit schließen. 1740 repariert der Meister vier Wand-
teppiche im alten Konsistorium. Johannes Baert stirbt 1742; die Jahresbeihilfe wird
unter dem 20. Januar 1743 aufgehoben.
Sein Sohn Johann Jakob Baert — wahrscheinlich identisch mit seinem in Tournai
zurückgebliebenen Ältesten — setzt das väterliche Unternehmen fort. Der Intendant,
Herr von Söchelle (Sechelles), erwirkt ihm bei der Stadt eine jährliche Subvention
von 120 fl., die zum ersten Male am 1. Mai 1755 für das rückliegende Jahr zur
Auszahlung gelangt. In die gleiche Zeit fällt eine größere Arbeit des neuen Meisters.
Baert erhält 3264 Florins — eine für die damalige Zeit erhebliche Summe — für sechs,
nicht näher benannte Wirkteppiche, die 136 französische Quadratellen fassen. Die
Folge dient zur Ausstattung des großen Rathaussaales. Die Teppiche werden, dem
Sprachgebrauche folgend, als „pieces de tapisserie de haute lisse" bezeichnet, trotzdem
Johann Jakob ausgesprochener Basselissier war. 1763 bezieht der Meister verschiedene
Zahlungen wä compte des chaises et fauteuils qu'il est autorisö de faire pareils ä la
tapisserie de la grande salle de l'hötel de ville". Noch 1767 hat die Werkstatt ver-
schiedene Sessel und Stühle in Arbeit. Die langsame Anlieferung läßt auf Kleinbetrieb
schließen; ein sicheres Urteil ist an Hand der Stadtrechnungen nur schwer zu fällen, Belege
über die Privattätigkeit des Meisters sind mir bislang nicht bekannt. Es dürfte zudem
kaum sonderliche Aussicht bestehen, daß gerade das Atelier zu Cambrai, im Vergleiche
mit den französischen und flämischen Manufakturen ähnlicher Aufmachung, in den
sechziger Jahren des 18. Säkulums sich eines besonders regen Zuspruches zu erfreuen
hatte. 1767 erlischt die Zahlung der Subvention infolge des Ablebens unseres Meisters
(f 1. XII. 1766); Jean Baptiste Barthe(!), sein Sohn, führt das Unternehmen unter den
alten Bedingungen fort. 1767/68 bezieht der junge Stadtwirker den Restbetrag (346 fl.
16 p.) von 1440 fl. für 27 für den Rathaussaal angelieferte Stuhlbezüge — der Stück-
preis beträgt 48 fl. — und zwei Sessel, die mit je 72 fl. vergütet werden. Nach den
früheren Belegen wurden an seinen Vater bereits für drei fertiggestellte Stühle 115 fl.
4 p., außerdem rund 672 fl. an Vorschüssen gezahlt, so daß die Gesamtlieferung etwa
30—35 Stühle und 3—6 Sessel umfaßt haben dürfte.
1768/69 bessert Johann Baptist, zusammen mit einem gewissen Jean-Baptiste Guerard,
der mehr „tapisseur-garnisseur" gewesen zu sein scheint, die Wirkereien im alten
Konsistorium aus.
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andauernden Zollschwierigkeiten, legen ihm den Gedanken nahe, nach mehrfachen
Niederlassungsversuchen in Tournai den endgültigen Wirkungskreis zu finden. In den
ersten Jahren des 18. Jahrhunderts betreibt der Meister nicht weniger wie 22 Stühle; die
Niederlage der französischen Truppen unter Yendöme, die Sperrung der französischen
Grenzen, die Wiedereinverleibung Tournais in den Verband der österreichischen Lande,
zwingen Baert sein Unternehmen auf etwa den vierten 'Feil zu reduzieren. Die Hoff-
nung des Meisters Joannes, durch Fleiß und Umsicht der Verhältnisse Herr zu
werden, erfüllen sich nicht. Joannes Baert der Ältere macht ein neues Unternehmen in
Torcy bei Paris auf, sein gleichnamiger ältester Sohn bleibt in Tournai. Das Atelier schließt
bereits 1718 seine Pforten; Johann Baert sucht seine Bekanntschaft mit den führenden
Finanz- und Staatsmännern zu benutzen, um sich einen neuen Wirkungskreis zu sichern.
Die Niederlassung in Cambrai wurde zum Teil durch den sanften Druck des Provinzial-
inteudanten, nicht allein durch die wirtschaftliche Einsicht der Stadtväter ermöglicht.
1724 ist Johannes Baert in Cambrai ansässig. Am 20. Januar 1725 erfolgt zum ersten Male
die Auszahlung der städtischen Beihilfe für das abgelaufene Jahr in Höhe von 240 Flo-
rins (2). Eine weitere Anweisung (30 Gulden) wird unter dem 31. Juli als Ablösung der
zollfrei für den Bedarf seiner Angestellten und seiner Familie zugesicherten Braugerste
gewährt. Als Mietentschädigung erhält Baert die Summe von 100 fl. Das Entgegen-
kommen der Stadtverwaltung ist zweifelsohne recht weitgehend. Merkwürdigerweise
finden sich außer den ständig wiederkehrenden Subventionen nur geringe Beträge für
angekaufte Bild Wirkereien. 1737 bezieht Joannes Baert für 45 Quadratellen Wirk-
teppiche — die Art der Darstellung wird nicht erwähnt — 270 fl. Der Einheitspreis
von 6 fl. läßt auf einfache Arbeit schließen. 1740 repariert der Meister vier Wand-
teppiche im alten Konsistorium. Johannes Baert stirbt 1742; die Jahresbeihilfe wird
unter dem 20. Januar 1743 aufgehoben.
Sein Sohn Johann Jakob Baert — wahrscheinlich identisch mit seinem in Tournai
zurückgebliebenen Ältesten — setzt das väterliche Unternehmen fort. Der Intendant,
Herr von Söchelle (Sechelles), erwirkt ihm bei der Stadt eine jährliche Subvention
von 120 fl., die zum ersten Male am 1. Mai 1755 für das rückliegende Jahr zur
Auszahlung gelangt. In die gleiche Zeit fällt eine größere Arbeit des neuen Meisters.
Baert erhält 3264 Florins — eine für die damalige Zeit erhebliche Summe — für sechs,
nicht näher benannte Wirkteppiche, die 136 französische Quadratellen fassen. Die
Folge dient zur Ausstattung des großen Rathaussaales. Die Teppiche werden, dem
Sprachgebrauche folgend, als „pieces de tapisserie de haute lisse" bezeichnet, trotzdem
Johann Jakob ausgesprochener Basselissier war. 1763 bezieht der Meister verschiedene
Zahlungen wä compte des chaises et fauteuils qu'il est autorisö de faire pareils ä la
tapisserie de la grande salle de l'hötel de ville". Noch 1767 hat die Werkstatt ver-
schiedene Sessel und Stühle in Arbeit. Die langsame Anlieferung läßt auf Kleinbetrieb
schließen; ein sicheres Urteil ist an Hand der Stadtrechnungen nur schwer zu fällen, Belege
über die Privattätigkeit des Meisters sind mir bislang nicht bekannt. Es dürfte zudem
kaum sonderliche Aussicht bestehen, daß gerade das Atelier zu Cambrai, im Vergleiche
mit den französischen und flämischen Manufakturen ähnlicher Aufmachung, in den
sechziger Jahren des 18. Säkulums sich eines besonders regen Zuspruches zu erfreuen
hatte. 1767 erlischt die Zahlung der Subvention infolge des Ablebens unseres Meisters
(f 1. XII. 1766); Jean Baptiste Barthe(!), sein Sohn, führt das Unternehmen unter den
alten Bedingungen fort. 1767/68 bezieht der junge Stadtwirker den Restbetrag (346 fl.
16 p.) von 1440 fl. für 27 für den Rathaussaal angelieferte Stuhlbezüge — der Stück-
preis beträgt 48 fl. — und zwei Sessel, die mit je 72 fl. vergütet werden. Nach den
früheren Belegen wurden an seinen Vater bereits für drei fertiggestellte Stühle 115 fl.
4 p., außerdem rund 672 fl. an Vorschüssen gezahlt, so daß die Gesamtlieferung etwa
30—35 Stühle und 3—6 Sessel umfaßt haben dürfte.
1768/69 bessert Johann Baptist, zusammen mit einem gewissen Jean-Baptiste Guerard,
der mehr „tapisseur-garnisseur" gewesen zu sein scheint, die Wirkereien im alten
Konsistorium aus.
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