Brüssel
bunden ist. Der Courtier tritt bei der Tuchmachergilde bereits im 14. Jahrhundert in
Erscheinung; sein Einfluß ist in diesem, seiner Eigenart mehr angepaßten Handwerke, be-
deutungsvoller wie bei den Bildteppichwirkern, die nicht derart in Massen erzeugen.
Der Meister, der in der Antwerpener Pant, der großen Teppich verkaufszentrale,
oder in seinem eigenen Hause seine Erzeugnisse zum Verkaufe stellt, ist an eine Reihe
von Vorschriften gebunden, so liegt ihm z. B. die Verpflichtung ob, fertige Wirkereien
nicht aufeinander zu packen, sondern jedes Stück ordnungsmäßig und übersichtlich
auszubreiten und anderes mehr (12).
Die weitergehenden Einzelheiten über die verwandten Materialien und die Prüfung
der Teppiche gehört weniger in den Rahmen eines kurzen, wirtschaftlichen Über-
blickes, als vielmehr in das Kapitel, das die Herstellung der Bildwirkereien zum Gegen-
stande nimmt.
Auf eiDen Punkt sei jedoch noch kurz verwiesen. Verhältnismäßig früh finden sich
Frauennamen bei den Brüsseler und anderen flämischen und brabantischen Manufak-
turen. Frauenarbeit ist bereits im 13. Jahrhundert zugelassen. Die Pariser Statuten
und Verordnungen von 1302 rechnen mit einer starken Anzahl weiblicher Hilfskräfte
in den Betrieben der „Tapissiers sarrazinois". So vernünftige und sozial gut durch-
dachte sanitäre Vorschriften, wie der Schutz schwangerer Wirkerinnen, scheinen un-
denkbar, wenn Fälle von Beschädigungen nicht mehrfach vorgekommen wären. Die
„Faiseuses d'aumönieres sarrazinoises", Unternehmerinnen, die in ihren Ateliers die
reich gestickten und gewirkten Almosentaschen, das unentbehrliche Ausstattungsstück
des vornehmen Mannes und der eleganten Domina, fertigen, bilden bereits 1299 eine
zahlreiche, selbständige Gruppe. Ähnlich verhält es sich mit den Spinnerinnen und
den Frauen, die mit der Wofl- und Tuchverarbeitung beschäftigt sind. In Brüssel ist
das Verhältnis entsprechend, soweit die Betriebe der Tuchmachergilde in Frage kommen.
Einen anderen Standpunkt nimmt dagegen die Brüsseler Legwerkerzunft gegenüber
der Frauenbeschäftigung ein. Die Aufnahmeprotokolle der Legwerker nennen keine
Mädchennamen unter den Leerknapeu oder den Gesellen. Die Frau ist als Vorsteherin
eines Wirkereibetriebes nur denkbar als die Witwe eines Tapissiers. Sie ist berechtigt,
die Manufaktur des Verstorbenen auf eigene Rechnung mit allen dem Ehemanne zu-
stehenden Rechten fortzuführen. Die Lehrlingsausbildung macht naturgemäß eine Aus-
nahme. Später treten auch hier Erleichterungen ein, die die billigere Lehrlingsarbeit
unter gewissen Voraussetzungen zulassen. Erst eine Wiederverheiratung macht dem
Zustande ein Ende und bedingt ihren Austritt aus der Innung, der die W^itwe bislang
als „guldesuster" angehörte. Nur selten vermag sich das von einer Frau geleitete
Atelier so gut zu halten wie etwa das Unternehmen der Witwe Geubels. In der
Regel sind die Verhältnisse, der Eigennutz und die Unbotsmäßigkeit der Gesellen
stärker als weiblicher Wille und Geschäftssinn. Die W^itwe sieht sich zumeist ge-
zwungen, einen mittellosen Jungmeister oder ihren ersten Knapen zu heiraten, um wieder
erträgliche Zustände in den verlotterten Betrieb zu bringen.
Die Revolution von 1421 schafft die sogenannten neun Nationen, die durch das her-
zogliche Privileg vom 11. Februar des gleichen Jahres ihre gesetzliche Verankerung
finden. Jede «Nation" umfaßt eine bestimmte Anzahl von Zünften, sie untersteht
einem besonderen Schutzheiligen; jede Einzelzunft hat wiederum ihren Kirchenpatron.
Die „Legwerkers" sind, zusammen mit den W^ollenwebern, den Wäschern und den
Leinenwebern, Mitglieder der „Sinf Laureys Natie". Entsprechend ihrer, zunächst noch
geringeren Zahl stehen ihnen zwei, den übrigen mit ihnen zusammengeschlossenen
Berufen dagegen je vier Geschworene zu, deren Ernennung Sache der städtischen
Schöffen ist, die nach einer von den Zünften ausgearbeiteten Präsentationsliste wählen.
Die Stadtverwaltung setzt sich in Zukunft aus Angehörigen der Nationen und der
alten Geschlechter zusammen. Der Wechsel der Personen vollzieht sich jährlich. Die
Konstruktion des Stadtmagistrats ist folgende: Die Geschlechter sind vertreten durch
einen Bürgermeister, zwei Kämmerer und sieben Schöffen, insgesamt also durch zehn
Sitze; die Zünfte entsenden neun Vertreter, die sich aus einem Bürgermeister, zwei
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bunden ist. Der Courtier tritt bei der Tuchmachergilde bereits im 14. Jahrhundert in
Erscheinung; sein Einfluß ist in diesem, seiner Eigenart mehr angepaßten Handwerke, be-
deutungsvoller wie bei den Bildteppichwirkern, die nicht derart in Massen erzeugen.
Der Meister, der in der Antwerpener Pant, der großen Teppich verkaufszentrale,
oder in seinem eigenen Hause seine Erzeugnisse zum Verkaufe stellt, ist an eine Reihe
von Vorschriften gebunden, so liegt ihm z. B. die Verpflichtung ob, fertige Wirkereien
nicht aufeinander zu packen, sondern jedes Stück ordnungsmäßig und übersichtlich
auszubreiten und anderes mehr (12).
Die weitergehenden Einzelheiten über die verwandten Materialien und die Prüfung
der Teppiche gehört weniger in den Rahmen eines kurzen, wirtschaftlichen Über-
blickes, als vielmehr in das Kapitel, das die Herstellung der Bildwirkereien zum Gegen-
stande nimmt.
Auf eiDen Punkt sei jedoch noch kurz verwiesen. Verhältnismäßig früh finden sich
Frauennamen bei den Brüsseler und anderen flämischen und brabantischen Manufak-
turen. Frauenarbeit ist bereits im 13. Jahrhundert zugelassen. Die Pariser Statuten
und Verordnungen von 1302 rechnen mit einer starken Anzahl weiblicher Hilfskräfte
in den Betrieben der „Tapissiers sarrazinois". So vernünftige und sozial gut durch-
dachte sanitäre Vorschriften, wie der Schutz schwangerer Wirkerinnen, scheinen un-
denkbar, wenn Fälle von Beschädigungen nicht mehrfach vorgekommen wären. Die
„Faiseuses d'aumönieres sarrazinoises", Unternehmerinnen, die in ihren Ateliers die
reich gestickten und gewirkten Almosentaschen, das unentbehrliche Ausstattungsstück
des vornehmen Mannes und der eleganten Domina, fertigen, bilden bereits 1299 eine
zahlreiche, selbständige Gruppe. Ähnlich verhält es sich mit den Spinnerinnen und
den Frauen, die mit der Wofl- und Tuchverarbeitung beschäftigt sind. In Brüssel ist
das Verhältnis entsprechend, soweit die Betriebe der Tuchmachergilde in Frage kommen.
Einen anderen Standpunkt nimmt dagegen die Brüsseler Legwerkerzunft gegenüber
der Frauenbeschäftigung ein. Die Aufnahmeprotokolle der Legwerker nennen keine
Mädchennamen unter den Leerknapeu oder den Gesellen. Die Frau ist als Vorsteherin
eines Wirkereibetriebes nur denkbar als die Witwe eines Tapissiers. Sie ist berechtigt,
die Manufaktur des Verstorbenen auf eigene Rechnung mit allen dem Ehemanne zu-
stehenden Rechten fortzuführen. Die Lehrlingsausbildung macht naturgemäß eine Aus-
nahme. Später treten auch hier Erleichterungen ein, die die billigere Lehrlingsarbeit
unter gewissen Voraussetzungen zulassen. Erst eine Wiederverheiratung macht dem
Zustande ein Ende und bedingt ihren Austritt aus der Innung, der die W^itwe bislang
als „guldesuster" angehörte. Nur selten vermag sich das von einer Frau geleitete
Atelier so gut zu halten wie etwa das Unternehmen der Witwe Geubels. In der
Regel sind die Verhältnisse, der Eigennutz und die Unbotsmäßigkeit der Gesellen
stärker als weiblicher Wille und Geschäftssinn. Die W^itwe sieht sich zumeist ge-
zwungen, einen mittellosen Jungmeister oder ihren ersten Knapen zu heiraten, um wieder
erträgliche Zustände in den verlotterten Betrieb zu bringen.
Die Revolution von 1421 schafft die sogenannten neun Nationen, die durch das her-
zogliche Privileg vom 11. Februar des gleichen Jahres ihre gesetzliche Verankerung
finden. Jede «Nation" umfaßt eine bestimmte Anzahl von Zünften, sie untersteht
einem besonderen Schutzheiligen; jede Einzelzunft hat wiederum ihren Kirchenpatron.
Die „Legwerkers" sind, zusammen mit den W^ollenwebern, den Wäschern und den
Leinenwebern, Mitglieder der „Sinf Laureys Natie". Entsprechend ihrer, zunächst noch
geringeren Zahl stehen ihnen zwei, den übrigen mit ihnen zusammengeschlossenen
Berufen dagegen je vier Geschworene zu, deren Ernennung Sache der städtischen
Schöffen ist, die nach einer von den Zünften ausgearbeiteten Präsentationsliste wählen.
Die Stadtverwaltung setzt sich in Zukunft aus Angehörigen der Nationen und der
alten Geschlechter zusammen. Der Wechsel der Personen vollzieht sich jährlich. Die
Konstruktion des Stadtmagistrats ist folgende: Die Geschlechter sind vertreten durch
einen Bürgermeister, zwei Kämmerer und sieben Schöffen, insgesamt also durch zehn
Sitze; die Zünfte entsenden neun Vertreter, die sich aus einem Bürgermeister, zwei
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