Brüssel
Eine verwandte Reihe besitzt die schwedische Krone. Die sechs aus Wolle und
Seide gewirkten, Marcus de Vos signierten Teppiche bringen Episoden aus den Ovid-
schen Metamorphosen. Die Jagd auf den kalydonischen Eber eröffnet die Folge; es
folgt die Geschichte der Oreithyia, die der Herse und der Pomona. Die Verwandlung
des unglücklichen Aktaion und der Nymphe Daphne bilden den Abschluß (Abb. 350). Die
Darstellungen sind mit außerordentlicher Feinheit und vollendeter Technik durchgeführt.
Das Größenverhältnis des Baumschlages zu den handelnden Figuren ist glücklich ge-
wählt; der Patronenmaler hat von einer zu winzigen Bemessung seiner Gestalten ab-
gesehen. Besonders reizvoll ist der Raub Oreithyias mit Schloß- und Gartenarchitek-
turen im Hintergrunde. Die Bordüre ist harmonisch in Entwurf und Farbengebung;
üppige Blumengewinde werden von Köchern, Bogen, Pfeilen, Lanzen und Jagdhörnern,
die malerisch zu Trophäen zusammengefaßt sind, abgelöst. Das mehrfach erwähnte
monumentale Werk Dr. John Böttgers bringt eine eingehende Beschreibung der Reihe —
Lit FF — mit vorzüglichen Abbildungen.
Die gleiche Bordüre besitzen verschiedene Verdüren, die vor etwa fünf Jahren im
Münchener Kunsthandel auftauchten und ebenfalls dem de Vosschen Atelier entstammen.
Ähnliche Stücke scheinen Jacquemart vor Augen gekommen zu sein, der in seiner
„Histoire du mobilier" von Wald- und Jahreszeitenteppichen spricht, die die Signie-
rungen MARCUS. DE . VOS und I. F. V. HECKE tragen. Neben dem mythologi-
schen Gebiete vergißt der rührige Meister nicht das heroische Motiv. 1877 gingen aus der
Auktion Berwick-Älba vier M. DE VOS signierte Cäsarteppiche in die Sammlung Erlanger
über. Das Dianenopfer, das gleichzeitig zur Versteigerung kam, trug den gleichen Wirker-
namen. Der Teppich gehört zu einer bisher noch unbekannten Folge des de Vos-
schen Ateliers.
Schließlich ist noch eine der beliebtesten Serien aus dem letzten Drittel des 17. Jahr
hunderts zu erwähnen, die Geschichte Telemachs und seines allzeit treuen Lehrers
Mentor. Eine vollständige Reihe ist bislang nicht bekannt geworden. Ein vereinzeltes
Stück — die Landung Telemachs und Mentors auf der Insel der Calypso — erschien
1910 auf der belgischen Kunstausstellung (155). Die Signierung M. Devos läßt keine
Unklarheit über das in Frage kommende Atelier. 1913 gab Frau van Wassenhove
einen Behang mit dem gleichen Motive zu der Genter retrospektiven Ausstellung,
der mit dem zuvor beschriebenen Teppich identisch sein dürfte. Meister Markus
kopierte, wie so mancher seiner Fachgenossen, mehrfach die bekannte Alexander-
geschichte nach Le Brun. Die drei Teppiche — Schlacht am Granikus, Einzug Ale-
xanders in Babylon, die flehenden Frauen des Darius — im herzoglichen Schlosse zu
Meiningen sind von seltener Vollendung (Abb. 349). Das Schweriner Schloß weist
verschiedene, Marcus de Vos, F. de Vos und Merthen de Vos signierte Teppiche auf,
die aus Schloß Dargun stammen.
Judocus (Jost, Josse) de Vos setzt die Tradition des Ateliers fort. Mit seinem Namen
ist eine Anzahl erstklassiger Folgen aus dem Beginne des 18. Jahrhunderts verknüpft.
Mit Jan Franz de Vos, dem Sohne Josses, endet eines der hervorragendsten Wirker-
geschlechter Brüssels.
Am 7. Februar 1697 erfolgt die Wahl Don Ramons Perellos y Rocafull zum Groß-
meister des Malteserordens. Der Sechzigjährige bekleidet sein hohes Amt bis zum Jahre
1719. Sein ausgesprochener Kunstsinn gibt die Anregung zu einer der schönsten und
umfangreichsten Folgen, zu einer Lebensgeschichte des Heilandes. Die 27 Teppiche
bilden an den Tagen hoher Feste den herrlichsten Schmuck der Kathedrale Sankt
Johannes zu La Valetta. Sie decken eine Fläche von mehr denn 500 Quadratmeter;
bei einer Höhe von 4,50 m besitzt die Reihe eine Gesamtlänge von 130 bis 150 m.
Von den 27 Behängen schildern acht Vorgänge aus dem Neuen Testamente, sechs
sind allegorischen Motiven gewidmet, zwölf schmale Stücke zeigen die Gestalten der
Apostel; reiches Kartuschen werk und das Wappen des Großmeisters erhöhen die
dekorative Wirkung. Die zuletzt erwähnten Teppiche decken die Pfeiler der Kathe-
drale und vermitteln den Übergang zu den größeren Behängen. Die Breite wechselt
391
Eine verwandte Reihe besitzt die schwedische Krone. Die sechs aus Wolle und
Seide gewirkten, Marcus de Vos signierten Teppiche bringen Episoden aus den Ovid-
schen Metamorphosen. Die Jagd auf den kalydonischen Eber eröffnet die Folge; es
folgt die Geschichte der Oreithyia, die der Herse und der Pomona. Die Verwandlung
des unglücklichen Aktaion und der Nymphe Daphne bilden den Abschluß (Abb. 350). Die
Darstellungen sind mit außerordentlicher Feinheit und vollendeter Technik durchgeführt.
Das Größenverhältnis des Baumschlages zu den handelnden Figuren ist glücklich ge-
wählt; der Patronenmaler hat von einer zu winzigen Bemessung seiner Gestalten ab-
gesehen. Besonders reizvoll ist der Raub Oreithyias mit Schloß- und Gartenarchitek-
turen im Hintergrunde. Die Bordüre ist harmonisch in Entwurf und Farbengebung;
üppige Blumengewinde werden von Köchern, Bogen, Pfeilen, Lanzen und Jagdhörnern,
die malerisch zu Trophäen zusammengefaßt sind, abgelöst. Das mehrfach erwähnte
monumentale Werk Dr. John Böttgers bringt eine eingehende Beschreibung der Reihe —
Lit FF — mit vorzüglichen Abbildungen.
Die gleiche Bordüre besitzen verschiedene Verdüren, die vor etwa fünf Jahren im
Münchener Kunsthandel auftauchten und ebenfalls dem de Vosschen Atelier entstammen.
Ähnliche Stücke scheinen Jacquemart vor Augen gekommen zu sein, der in seiner
„Histoire du mobilier" von Wald- und Jahreszeitenteppichen spricht, die die Signie-
rungen MARCUS. DE . VOS und I. F. V. HECKE tragen. Neben dem mythologi-
schen Gebiete vergißt der rührige Meister nicht das heroische Motiv. 1877 gingen aus der
Auktion Berwick-Älba vier M. DE VOS signierte Cäsarteppiche in die Sammlung Erlanger
über. Das Dianenopfer, das gleichzeitig zur Versteigerung kam, trug den gleichen Wirker-
namen. Der Teppich gehört zu einer bisher noch unbekannten Folge des de Vos-
schen Ateliers.
Schließlich ist noch eine der beliebtesten Serien aus dem letzten Drittel des 17. Jahr
hunderts zu erwähnen, die Geschichte Telemachs und seines allzeit treuen Lehrers
Mentor. Eine vollständige Reihe ist bislang nicht bekannt geworden. Ein vereinzeltes
Stück — die Landung Telemachs und Mentors auf der Insel der Calypso — erschien
1910 auf der belgischen Kunstausstellung (155). Die Signierung M. Devos läßt keine
Unklarheit über das in Frage kommende Atelier. 1913 gab Frau van Wassenhove
einen Behang mit dem gleichen Motive zu der Genter retrospektiven Ausstellung,
der mit dem zuvor beschriebenen Teppich identisch sein dürfte. Meister Markus
kopierte, wie so mancher seiner Fachgenossen, mehrfach die bekannte Alexander-
geschichte nach Le Brun. Die drei Teppiche — Schlacht am Granikus, Einzug Ale-
xanders in Babylon, die flehenden Frauen des Darius — im herzoglichen Schlosse zu
Meiningen sind von seltener Vollendung (Abb. 349). Das Schweriner Schloß weist
verschiedene, Marcus de Vos, F. de Vos und Merthen de Vos signierte Teppiche auf,
die aus Schloß Dargun stammen.
Judocus (Jost, Josse) de Vos setzt die Tradition des Ateliers fort. Mit seinem Namen
ist eine Anzahl erstklassiger Folgen aus dem Beginne des 18. Jahrhunderts verknüpft.
Mit Jan Franz de Vos, dem Sohne Josses, endet eines der hervorragendsten Wirker-
geschlechter Brüssels.
Am 7. Februar 1697 erfolgt die Wahl Don Ramons Perellos y Rocafull zum Groß-
meister des Malteserordens. Der Sechzigjährige bekleidet sein hohes Amt bis zum Jahre
1719. Sein ausgesprochener Kunstsinn gibt die Anregung zu einer der schönsten und
umfangreichsten Folgen, zu einer Lebensgeschichte des Heilandes. Die 27 Teppiche
bilden an den Tagen hoher Feste den herrlichsten Schmuck der Kathedrale Sankt
Johannes zu La Valetta. Sie decken eine Fläche von mehr denn 500 Quadratmeter;
bei einer Höhe von 4,50 m besitzt die Reihe eine Gesamtlänge von 130 bis 150 m.
Von den 27 Behängen schildern acht Vorgänge aus dem Neuen Testamente, sechs
sind allegorischen Motiven gewidmet, zwölf schmale Stücke zeigen die Gestalten der
Apostel; reiches Kartuschen werk und das Wappen des Großmeisters erhöhen die
dekorative Wirkung. Die zuletzt erwähnten Teppiche decken die Pfeiler der Kathe-
drale und vermitteln den Übergang zu den größeren Behängen. Die Breite wechselt
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