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Antwerpen

Nicht minder rührig erweist sich Thomas Fleckhamer, der Antwerpener Faktor der
Münchener Firma Sebastian Ligsalz, Balthasar Schrenk u. Co. (7).

1565 entsendet Erzherzog Ferdinand seinen Hofwirker Martin van Eyssere nach
Antwerpen, um verschiedene Teppichfolgen einzukaufen. Durch Vermittelung der Pant
kommt Eyssere in Verbindung mit den maßgebenden Brüsseler Manufakturen. 1571
schuldet der Erzherzog Franz Geubels (Guebl) noch 4600 rhein. Gulden (8).

Nicht weniger umfangreich gestalten sich im 16. Jahrhundert die Beziehungen der
großen Antwerpener Tapisseriemakler zu den romanischen Ländern. Aus der Fülle
der urkundlichen Belege seien nur einige der charakteristischsten ausgewählt.

Emmanuel Riccio pflegt den Tapisseriehandel mit Frankreich. Franz I. von Frank-
reich erwirbt von ihm u. a. die Geschichte Josuas (acht Stück) für den Preis von
13190 liv. 12 s. 6d. tourn.(9).

Eduard Salvator Rodrigues verfrachtet zahlreiche Wirkereien nach Portugal. 1573
verpflichtet er zum sachgemäßen Transporte einen besonders geübten Packer, Jacob
Rubbens; der bekannte Amsterdamer Wirker und Händler Goosart Simays zählt zu
seinen Geschäftsfreunden. Der italienische Handel liegt in der Hand des Anton van
Surck. Auch Balthazar de Robiano und namentlich Gaspar Charles stehen mit vene-
tianischen Firmen in lebhafter Geschäftsverbindnng (10). Der häufige Versand kost-
barer Wirkereien bedingt, zumal wenn der Seeweg in Frage kommt, ein außer-
ordentlich vorsichtiges Packen, wenn nicht durch ungeschicktes Falten der Tapisserien
leicht ein beträchtlicher Schaden entstehen soll. Eine besondere Gruppe von Spezial-
arbeitern — Rubbens fand bereits Erwähnung — versieht diesen Dienst. Verhältnis-
mäßig früh setzt der Export nach England ein; als Lieferanten erscheinen: Jean Denys
(1500), Joris van Lieken (1505), Heinrich van Damme (1516), Anselm Bock (1516) und
andere mehr.

Die maßgebenden Antwerpener Händler- und Wirkerfirmen um 1600 sind Franz
Sweerts — es ist schwer zu sagen, ob seine Brüsseler oder seine Antwerpener Filiale
ihn mehr in Anspruch nimmt — und Daniel Steuerbaut; beide werden schon im
letzten Drittel des 16. Jahrhunderts des öfteren erwähnt. Zu den Brüsseler Geschäfts-
freunden zählen in erster Linie Jan Raes und die Witwe Geubels; für Oudenaarde
sind Jan Robbyns, Joos de Carlier und Jan Blomaert verpflichtet. Der Handel der
beiden Firmen erstreckt sich auf fast alle Länder Westeuropas. Von besonderem In-
teresse ist der Briefwechsel des „Franc. Sweertius" mit dem bekannten Heidelberger
Professor Janus Gruter (Gruytere) aus dem Jahre 1616 in der Handschriftensammlung
der Universitätsbibliothek Heidelberg. An der Bildteppichlieferung für den Kur-
fürsten sind außer Sweerts auch Daniel Steuerbaut und Bartholomäus Balbani be-
teiligt. (11).

An führenden Tapisseriefirmen wären noch Martin Cordier, Amant Vrancx, Georg
Bosschaert, Jan de Moor, Daniel Fourment — der Schwiegervater von Rubens —,
die Gebrüder Robiano, Josse de Carlier, Dionysius Lhermite und Franziscus Rodri-
guez Serra zu erwähnen. Daneben wird eine Unzahl kleinerer Händler in den Ant-
werpener Notariatsakten benannt.

Wie schon erwähnt, sind nicht nur die Wirkteppiche Gegenstand des Verkaufs,
auch die Rohmaterialien, so die verschiedenen Seiden und Wollen, Gold- und Silber-
fäden, Kartonpapier, selbst fertige Patronen für Figurendarstellungen, Bordüren, Ver-
düren und Details werden gehandelt. Der Abschnitt «Technik" befaßt sich eingehender
mit diesem interessanten Gebiete.

Weniger einfach als die kurze Schilderung des mächtig erblühten Antwerpener
Tapisseriehandels gestaltet sich die Darlegung der Entwicklung der reinen Manu-
fakturen.

1415 schließen sich die Wirker, die bis dahin zur Gilde der Jinenwevers" ge-
hörten, zu einer selbständigen Korporation zusammen. Die Statuten vom gleichen
Jahre bieten wenig bemerkenswertes. Es handelt sich um das übliche Schema, wie
es uns Paris, Brüssel, Oudenaarde, Alost und andere Wirkerstädte von Bedeutung in

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