Amsterda m
Sc h oonhoven
Die Kette liegt ziemlich eng, 6—8 Fäden auf den cm, die technische Durchführung
ist einwandfrei. Es ist schwer zu entscheiden, ob der Behang noch dem Betriebe des
älteren Baert oder dem Unternehmen seines gleichnamigen Sohnes entstammt.
Am 26. Januar 1705 errichtet Meister Alexander die Haager Filiale in einem an der
Ostseite der Hoogstraat gelegenen Grundstücke; der notarielle Vertrag nennt ihn
bereits „fabricqueur van tapyten in den Haag" (16). Als Grundlage dienen die Ver-
handlungen vom 9. Februar 1704, in denen Meister Alexander ein sechzehnjähriges
Monopol, kostenlose Einbürgerung des Wirkers und seiner Familie, Freiheit vom Wacht-
dienste für die Manufakturangestellten, Zollfreiheit von Wein und Bier, dagegen keine
Mietunterstützung zugestanden werden (17). Weitere Einzelheiten über den Betrieb
und den Umfang des Unternehmens sind mir nicht bekannt.
Alexander Baert stirbt vor 1719. Die «Acte over den boedel van Alexander Baart"
(31. III. 1719) verfügt die Weiterführung der väterlichen Manufakturen unter Leitung
des Johannes Alexander Baert und seiner Schwester Johanna Clara. Entsprechend dem
»letzten Willen" der Witwe (19. Mai 1721) gehen die Amsterdamer Werkstatt und
die Goudaer Filiale — vom Haag ist nicht mehr die Rede — anteilig auf die sieben
Kinder über (18). Der Goudaer Betrieb erlischt; die Erbbeteiligten schließen sich am
29. September 1723 zu einer Gesellschaft, «een compagnie van de tapytmakerij", zu-
sammen (19); Alexander Baert, der Sohn, zeichnet als verantwortlicher Direktor. Ob
die zu Beginn der vierziger Jahre (17-42) in Middelburg aufgenommene Filiale einen
nennenswerten Umfang erreichte, steht dahin. 1752 stirbt der Meister, die Pachtver-
längerung des Amsterdamer Teppichhauses, datiert vom 23. Dezember, zeichnet der
Vormund der Kinder. 1759 schließt das Unternehmen endgültig seine Pforten, aus den
Wirkersälen werden Stallungen „waarin een gedeelte der Aschkarren ender paarden,
die dezelven trekken, geplaatst worden (20)."
Die nachgelassenen Arbeiten der beiden Baert, Vater und Sohn, sind entsprechend
der Bedeutung der Betriebe und der Länge der Zeit verhältnismäßig umfangreich.
Den Hochstand des Unternehmens verkörpert eine aus sechs Behängen zusammen-
gestellte Weltteilfolge, die am 16.—18. Februar 1897 in einer Amsterdamer Schulman-
Auktion zur Versteigerung gelangte. Die Reihe entstammte einem Hause an der
Prinsengracht, sie schildert auf Wald- und Gartengrund das Leben und Treiben der
Eingeborenen; Asien gliedert sich in zwei Behänge — Asien und Kleinasien —, Europa
arbeitet mit allegorischen Figuren, es fehlt nicht an sinnreichen Emblemen. Die
Farbengebung ist lebhaft, die technische Durchführung hervorragend. Die Bordüre
verzichtet auf das allzu langweilige Rahmenmotiv; Vasen, Fackeln, buntgefiederte Vögel
erhöhen den festlichen Eindruck. „Australien" trägt die volle Signierung A. BAERT.
AMST. 1735. Die Höhe hält sich durchgängig auf 3,50 m; die Länge wechselt zwischen
2 m und -4,10 m (21). Eine nicht vollständige frühere Wiederholung der Serie zeigt
das Ratszimmer zu Leeuwarden. Die Folge — Europa, Asien, Afrika, Amerika —
wurde gelegentlich des Rathausumbaus 1718 von „Alexander Baert und Söhnen" für
insgesamt 1050 Gulden erworben. Es ist nicht sicher, ob „Australien" mit zur An-
lieferung kam. Im Gegensatze zu der 1897 versteigerten Reihe (19,65 m lang) mißt
die Folge von Leeuwarden nur 1-4,04 m (7,24 m, 1,85 m, 2,64 m, 2,31 m); die Höhe
beträgt 2,96 m; die Behänge sind ohne Bordüren unmittelbar in das Getäfel eingefügt.
Leider war es bei der ungünstigen Beleuchtung des Saales — Fräulein Archivar
R. Viescher und Herr Carpay verschafften mir freundlicherweise die Abzüge — nicht
möglich, klare Bilder zu erzielen (Abb. 484).
Dem Atelier des älteren Baert entstammen die beiden riesigen Behänge im Neder-
landsch Museum voor Geschiedenis en Kunst zu Amsterdam (22). Der eine Teppich
bringt ein italienisches Landschaftsbild; Kirche, Kloster, bedächtig wandelnde Mönche
und Reiter erhöhen den farbigen Reiz; im Vordergrunde wiegen sich Pfauen, Fasanen
und Papageien. Bei 3,37 m Höhe mißt die Länge nicht weniger als 7,38 m. Noch
umfangreicher gibt sich der zweite Behang (3,37 m auf 8,34 m). Die linke Seite mit
den reichen Wasserkünsten, den Statuen, der weiten Fernsicht und den Enten des
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Die Kette liegt ziemlich eng, 6—8 Fäden auf den cm, die technische Durchführung
ist einwandfrei. Es ist schwer zu entscheiden, ob der Behang noch dem Betriebe des
älteren Baert oder dem Unternehmen seines gleichnamigen Sohnes entstammt.
Am 26. Januar 1705 errichtet Meister Alexander die Haager Filiale in einem an der
Ostseite der Hoogstraat gelegenen Grundstücke; der notarielle Vertrag nennt ihn
bereits „fabricqueur van tapyten in den Haag" (16). Als Grundlage dienen die Ver-
handlungen vom 9. Februar 1704, in denen Meister Alexander ein sechzehnjähriges
Monopol, kostenlose Einbürgerung des Wirkers und seiner Familie, Freiheit vom Wacht-
dienste für die Manufakturangestellten, Zollfreiheit von Wein und Bier, dagegen keine
Mietunterstützung zugestanden werden (17). Weitere Einzelheiten über den Betrieb
und den Umfang des Unternehmens sind mir nicht bekannt.
Alexander Baert stirbt vor 1719. Die «Acte over den boedel van Alexander Baart"
(31. III. 1719) verfügt die Weiterführung der väterlichen Manufakturen unter Leitung
des Johannes Alexander Baert und seiner Schwester Johanna Clara. Entsprechend dem
»letzten Willen" der Witwe (19. Mai 1721) gehen die Amsterdamer Werkstatt und
die Goudaer Filiale — vom Haag ist nicht mehr die Rede — anteilig auf die sieben
Kinder über (18). Der Goudaer Betrieb erlischt; die Erbbeteiligten schließen sich am
29. September 1723 zu einer Gesellschaft, «een compagnie van de tapytmakerij", zu-
sammen (19); Alexander Baert, der Sohn, zeichnet als verantwortlicher Direktor. Ob
die zu Beginn der vierziger Jahre (17-42) in Middelburg aufgenommene Filiale einen
nennenswerten Umfang erreichte, steht dahin. 1752 stirbt der Meister, die Pachtver-
längerung des Amsterdamer Teppichhauses, datiert vom 23. Dezember, zeichnet der
Vormund der Kinder. 1759 schließt das Unternehmen endgültig seine Pforten, aus den
Wirkersälen werden Stallungen „waarin een gedeelte der Aschkarren ender paarden,
die dezelven trekken, geplaatst worden (20)."
Die nachgelassenen Arbeiten der beiden Baert, Vater und Sohn, sind entsprechend
der Bedeutung der Betriebe und der Länge der Zeit verhältnismäßig umfangreich.
Den Hochstand des Unternehmens verkörpert eine aus sechs Behängen zusammen-
gestellte Weltteilfolge, die am 16.—18. Februar 1897 in einer Amsterdamer Schulman-
Auktion zur Versteigerung gelangte. Die Reihe entstammte einem Hause an der
Prinsengracht, sie schildert auf Wald- und Gartengrund das Leben und Treiben der
Eingeborenen; Asien gliedert sich in zwei Behänge — Asien und Kleinasien —, Europa
arbeitet mit allegorischen Figuren, es fehlt nicht an sinnreichen Emblemen. Die
Farbengebung ist lebhaft, die technische Durchführung hervorragend. Die Bordüre
verzichtet auf das allzu langweilige Rahmenmotiv; Vasen, Fackeln, buntgefiederte Vögel
erhöhen den festlichen Eindruck. „Australien" trägt die volle Signierung A. BAERT.
AMST. 1735. Die Höhe hält sich durchgängig auf 3,50 m; die Länge wechselt zwischen
2 m und -4,10 m (21). Eine nicht vollständige frühere Wiederholung der Serie zeigt
das Ratszimmer zu Leeuwarden. Die Folge — Europa, Asien, Afrika, Amerika —
wurde gelegentlich des Rathausumbaus 1718 von „Alexander Baert und Söhnen" für
insgesamt 1050 Gulden erworben. Es ist nicht sicher, ob „Australien" mit zur An-
lieferung kam. Im Gegensatze zu der 1897 versteigerten Reihe (19,65 m lang) mißt
die Folge von Leeuwarden nur 1-4,04 m (7,24 m, 1,85 m, 2,64 m, 2,31 m); die Höhe
beträgt 2,96 m; die Behänge sind ohne Bordüren unmittelbar in das Getäfel eingefügt.
Leider war es bei der ungünstigen Beleuchtung des Saales — Fräulein Archivar
R. Viescher und Herr Carpay verschafften mir freundlicherweise die Abzüge — nicht
möglich, klare Bilder zu erzielen (Abb. 484).
Dem Atelier des älteren Baert entstammen die beiden riesigen Behänge im Neder-
landsch Museum voor Geschiedenis en Kunst zu Amsterdam (22). Der eine Teppich
bringt ein italienisches Landschaftsbild; Kirche, Kloster, bedächtig wandelnde Mönche
und Reiter erhöhen den farbigen Reiz; im Vordergrunde wiegen sich Pfauen, Fasanen
und Papageien. Bei 3,37 m Höhe mißt die Länge nicht weniger als 7,38 m. Noch
umfangreicher gibt sich der zweite Behang (3,37 m auf 8,34 m). Die linke Seite mit
den reichen Wasserkünsten, den Statuen, der weiten Fernsicht und den Enten des
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