Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
besondere Kostbarkeit, die sicher aus Freiburg stammen, denn seit Anfang des 16. Jahrhunderts
wurde hier das Schleifen von Bergkristallen betrieben71. Außerdem stehen auf dem Hochaltar
acht Leuchter aus Messing, zwei weitere befinden sich im Chor. Die Vorliebe, die Altäre mit
silbergetriebenen Leuchtern auszustatten, beginnt in Freiburg erst gegen Ende des 17. Jahr-
hunderts, und zwar hatte der damalige Prokurator Jäger erstmalig sechs silberne Lichtstöcke
angekauft72. Hinzu kamen in den folgenden zwanzig Jahren sechs weitere, von denen zwei
größere der Freiburger Goldschmied Friedrich Hoffmann getrieben hatte, vier kleinere aber
in Augsburg erworben waren. Auf dem Hochaltar standen gewöhnlich sechs Messingleuchter,
davor die beiden noch dort befindlichen großen „Lichtstöck“ aus Gelbguß.

Zum Schatz gehörten zu Ende des Mittelalters auch „4 betstein“, kleine flache Tragaltäre, deren
man sich bediente, um an einer nicht geweihten Mensa das Meßopfer feiern zu können. Den
Holzrahmen, der den Altarstein hielt und in dem wahrscheinlich auch die Reliquie eingelassen
war, schmückten gelegentlich ornamentale, getriebene Silberbleche oder Emails. Wiederum
gibt das Inventar von 1565 erstmalig nähere Auskunft über diese Betsteine. Damals lagen vier
in der Sakristei, einer „Inn gold gefasst“ (Nr. 1), einer „In silber gefasst“, zwei ohne besonderen
Schmuck und ein fünfter im „gewelb“ unter der Mensa des Flochaltars. Die zwei ältesten sind
heute noch erhalten.

Zwei silberne Meßkännchen - meist wurden damals solche aus Zinn benutzt -, mehrere silberne
Spangen und das Scheibenkreuz bilden den Abschluß in der Aufzählung der Kultgeräte im
ersten Inventar. „Ein grosse herliche scheuben mit silber beschlagen und vergult“ hatte nach
Ansicht der damaligen Pfleger das Münster 1428 erworben (Nr. 3). Das Scheibenkreuz, mit
vielen „Edlen gesteinen“ besetzt, die heute durch Bergkristalle ergänzt sind, trug der Sigrist
bei allen Prozessionen voraus73. Daher wird es auch immer gekennzeichnet als das Kreuz, „so
mann braucht wann mann mit Creutz gat“74.

Ziborien, die der Priester zur Austeilung der Kommunion benötigt, fehlen im ältesten Inventar.
Vielleicht bestanden diese Geräte nicht aus Edelmetall, um zum eigentlichen Schatz zu zählen,
sondern waren aus Kupfer gegossen, mit Email geschmückt und vergoldet. Zum erstenmal
werden 1565 zwei Speisekelche erwähnt, von denen der eine „ein gülden Köpplin zum Sacra-
ment“ im Tabernakel, der andere „ein Sülberin Sacrament köppflin mit einem Creutzlin“ im
Gewölb standen. Fünf Ziborien besaß das Münster zu Anfang des 18. Jahrhunderts, und zwar
vier aus Silber und ein silbervergoldetes.

Das kostbarste Relikt, ein großes, silberbeschlagenes und getriebenes, z. T. vergoldetes Kreuz
aus spätromanischer Zeit, das sicher seit 1588 in der zum ehrenden Gedächtnis des Magdeburger
Dompropstes Wilhelm Böcklin von Böcklinsau eingerichteten Villinger Kapelle über der Mensa
des Altars hängt, wird nie in den Schatzverzeichnissen erwähnt (Nr. 2). Dieses Triumphkreuz,
zu Ende des 12. Jahrhunderts in einer elsässischen Werkstatt entstanden, schmückte einst den
Chorbogen über dem später errichteten gotischen Lettner und wurde nach Öffnung der roma-

28
 
Annotationen