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-wenn er in der Fenwicknote zu „Ellen Irvin" 1 ängstlich
jeden Vergleich mit dem schottischen Urbilde ablehnt. Aus
Bürgers Leonore hat er das Versmafs und leider auch
etwas von dem Bänkelsängerton her übergenommen, zu
dem Bürger nnr zu leicht durch das Streben nach Volks-
tümlichkeit verleitet wurde.

Doch gerade in dem eiskalten Winter in der düstern
Stadt, deren romantisch-altertümliches Gepräge gar keinen
Eindruck auf ihn gemacht zu haben scheint, entstanden
eine Beihe der anmutigsten, duftigsten Lieder, die sein
Genius geschaffen hat. Es sind die Lucylieder,2 fast die
einzigen Liebeslieder, die in seinen Werken anzutreffen
sind. Wir wissen nicht, ob überhaupt ein wirkliches Er-
lebnis diesen vier Gedichten zu Grunde liegt. Words-
worth scheint absichtlich den Schleier, den er über sie
gelegt, nicht haben lüften wollen. Keine Andeutung leitet
uns zu einer Spur. Während fast jedes Gedicht eine be-
sondere Erklärung in den Fenwick- Noten erhalten hat und
er nie versäumt, selbst das unbedeutendste, historische
Faktum hier mitzuteilen, sind diese Gedichte ohne jede
Einleitung geblieben. Natürlich hat gerade dieses Geheim-
nis, mehr aber noch die tiefe, persönliche Leidenschaft,
■die so warm aus diesen Liedern spricht, zu allerlei Ver-
mutungen und Erfindungen Anlafs gegeben.3 Knapper
im Ausdruck als die Stimmungsbilder in den lyrischen
Balladen muten sie uns doch gleich diesen mit der Frische
des Gelegenheitsgedichtes an. Das Frauen-Ideal des sin-

1) S. Übers. Nr. XVI.

2) S. Übersetzung Nr. IX bis XII.

3) In Deutsoliland hat eine Baronin Stookhausen aus den
vier Lucyliedem sogar einen ganzen Roman gemacht.
 
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