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— 111 —

ernste Antlitz, das die Natur ihnen zeigte, erfüllte sie
nur mit Freude und erhöhte in ihnen das frohe Gefühl
ihrer Energie; die Erregung aller Sinne und Nerven liefs
sie die mannigfache, grofsartige Schönheit der Natur mit
überschwenglichem Gefühl geniefsen, und zu der ernsten
Erhabenheit des Winters zauberte ihre Einbildungskraft
trotz Schnee und Kälte alle Wonnen des Sommers hinzu:
„Die kahlen Bäume, die vereisten Bäche schienen uns
verwundert zuzurufen: Wo kommt ihr her? und der
Schneesturm fragte: Was wollt ihr wilden Wandrer in
meinem dunkeln Eeich? Doch der Sonnenstrahl rief: Seid,
glücklich."

Dieser Sonnen-Willkommengrufs führte den Dichter
zu der Schwelle seiner stillen Klause. Mit so hoch-
gespannter Empfindung sah sein Auge zum erstenmal auf
seine Landschaft mit dem Gefühl des Besitzes. Er schaute
selbst auf Eis und Schnee mit warmer Sympathie, „die
das schlummernde Leben darunter zu erwidern schien";
und hörte durch die laublosen Wälder die unbekannte
Stimme. Als der Frühling kam, da waren auch er und.
Dorothy schon zu Hause in Thal und Hütte:

,Jch komme her, von der Natur geladen,

Von der Vernunft beglaubigt. Kann die Wahl

Mifsleitet sein, die mir zu eigen machte

Den schönsten, stillsten Fleck auf Gottes Erde

Mit all dem unveräußerlichen Gut.

Doch nicht nur mein; denn mit mir dort verschanzt,.

Nein lieber sag ich: friedlich eingesponnen

Wohnt in dem Garten der bescheidnen Hütte

Ein andrer Sprofs aus dem verwaisten Hause,

Die einzige Tochter meiner Eltern noch.ul

1) S. Einsiedler (Recluse).
 
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