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III. GESCHNITTENE RELIEFSTEINE

Nach Größe und Relieftechnik stehen die geschnittenen Reliefsteine unter
allen antiken Kunstwerken den Münzen am nächsten.150 Der Unterschied
besteht weniger im Material und der dadurch bedingten Verschiedenheit der
Herstellung des Bildes als vielmehr darin, daß Gemmen und Kameen einmalige,
individuelle Kunstwerke sind, nicht mechanisch zu vervielfältigen wie die
Prägungen. Antike geschnittene Steine mit dem Bildnis Traians sind selten;
dieser Zweig der Hofkunst scheint sich damals keiner besonderen Gunst erfreut
zu haben, lag vielleicht auch dem selbst im Repräsentativen immer auf das
Große, weithin Sichtbare und weithin Wirkende gerichteten Sinn des Kaisers
weniger als die monumentalen Künste. Um so häufiger sind Arbeiten der
neueren Zeit, die lange auch in der gelehrten Literatur als antik gegolten
haben. Erst die Ergebnisse der Forschung der letzten Jahre gerade auf diesem
Gebiet befähigen uns, die Liste Bernoullis (Taf. 83, b—m) durchgreifend zu
„reinigen“; von den bei ihm genannten elf Steinen können heute nur noch
drei als römisch anerkannt werden, alle übrigen müssen mitsamt einer Anzahl
anderwärts herangezogener Stücke ausgeschieden werden. Zur Begründung
dieser Bereinigung des Kataloges sind einige Bemerkungen notwendig. Mehrere
Steine sind als modern erkannt worden, so die Traianskameen in Wien1“1 und
Paris;152 die große Kamee der Ermitage wurde erst kürzlich als eine im
achtzehnten Jahrhundert völlig überarbeitete spätantike Kaiserkamee nach-
gewiesen.153 Die Traiansbildnisse „auf Gemmen zwischen Füllhörnern und
Kornähren“154 gehören zu einer ganzen Gruppe von Glasflüssen,150 die mit
Traian nichts zu schaffen hat. Falsch benannt, aber antik sind ein Stein in
Würzburg156 und ein weiterer in Florenz;15' solange die von Gori in seinen

150 Die vollplastischen geschnittenen Steine werden im Zusammenhang der Rundplastik
behandelt.
151 Bernoulli 83, h und i. Ygl. zur Begründung der neuen Datierung den ausgezeichneten
Katalog von F. Eichler-E. Kris, Die Kameen im Kunsthistorischen Museum (Wien 1927).
Nr. 351 (Taf. 51) und 369 (Taf. 71), auch 377 (Taf. 70), bei Bernoulli nicht erwähnt, da vor
dem Katalog nicht publiziert.
152 E. Babeion, Catalogue des Camees antiques et modernes de la Bibliotheque Nationale
(Paris 1897), Nr. 739 (Taf. 61; nicht Traian), 740 (Traian und Plotina), 737 (Taf. 6z; nach
früher Münze) und 738.
153 Bernoulli 83, k. M. Maximowa, AA 1927, 300—304.
154 Bernoulli 83, g. AZ 9, 1851, 107 f. B. Hertz, Catalogue of the Collection of Assyrian . . .
Greek, Etruscan, Roman... Mexican Antiquities (London 1851), Nr. 904—907; 904—906 sind
Glaspasten, 907 ein Sardonyx.
155 Exemplare z. B. im Kestner-Museum in Hannover und in Würzburg, M. v. Wagner-
Museum der Universität, Inv. H. 2057—2058; vgl. L. Urlichs, Verzeichnis der Antiken-
sammlung 2 (Würzburg 1868), Nr. 222—223 („Traian“).
156 Urlichs a. O. Nr. 221; M. v. Wagner-Museum der Universität, Inv. H. 2056.
157 Bernoulli 83, b (Traian?). L. Milani, 11 Museo archeologico di Firenze (Florenz 1912), 201
Nr. 90 (Augustus!).
 
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