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IX. DIE NACHFOLGER
DES D E Z E N NALI E N B I LDNIS SES

Die Typen der Wiener Büste und des Kopfes in Oslo

Die beispielhafte Wirkung des Dezennalienbildnisses war so groß, daß andere
Typen sich daneben und danach nur sehr schrittweise herausbilden konnten.
Wir sind daher imstande, für zwei in vielfachen Wiederholungen belegte
Porträtfassungen, nämlich die des Kopfes in Oslo und des Opferbildtypus, fast
alle Zwischenstufen aufzuzeigen, die erst überwunden werden mußten, ehe
man zu den neuen Formulierungen gelangen konnte. Auf dem Weg zum
Typus des Kopfes in Oslo steht die Wiener Büste mit ihren Verwandten:
51. Wien, aus Salona. Taf. 24-25,0.
52. Kopenhagen 543. Taf.3,a
53. Kopenhagen 673.
Eine große nackte Büste Traians wurde in Salona gefunden und gelangte
1857 in das Wiener Antikenmuseum; sie steht nicht nur nach der Form der
Büste, sondern auch in der Anordnung der Ffaare dem Dezennalientypus so
nahe, daß eine Trennung von diesem fast unnötig erscheinen könnte. Die
Büste ist kein Meisterwerk; mit der höherliegenden rechten Schulter macht
sie fast den Eindruck eines Ausschnittes aus einer Statue, obwohl alles dafür
spricht, daß sie ihr Schema von einer Büste wie der Londoner bezogen hat. In
der Durchführung ist die Wiener Büste marmorgerechter, denn der zugehörige
antike Sockel hat die breiten schweren Formen, die der lastenden Masse der
Büste besser entsprechen als die zierlichen Formen des Zwischengliedes, auf dem
die Londoner Büste aufsitzt. In den übrigen Punkten ist die Wiener Büste
eine vergröbernde Wiederholung des Schemas der Londoner Büste. Der Kopf ist
energisch nach rechts gewandt, so daß vom ausladenden Kontur des Hinter-
kopfes wenigstens einiges sichtbar wird; die flache Bildung der Schädeldecke und
die übrigen Kennzeichen des Traiansbildnisses sind alle vorhanden. Nur in der
Anordnung der Haare über dem rechten Auge ist ein Unterschied zu
bemerken. Dort hatte die Londoner Büste, von der Mittelgruppe und den
Locken über der Schläfe durch je einen winkelförmigen Zwischenraum
getrennt, zwei Doppelsträhnen in der Richtung der Mittelgruppe gezeigt. Bei
der Wiener Büste ist nun die Mittelgruppe in der dichteren Form der drei
zuletzt behandelten Dezennalienporträts gegeben, und die beiden Locken über
dem Augenwinkel haben sich getrennt und für verschiedene Richtungen ent-
schieden: die der Mittelgruppe benachbarte liegt weiterhin wie bisher, die
daneben hat sich dagegen der Richtung der benachbarten Haargruppe über den
Schläfen angeschlossen. Der Unterschied vom Dezennalienbildnis ist gering-
fügig, aber da er an mehreren Köpfen zu beobachten ist, haben wir es offenbar
mit einem Nebentypus zu tun, der im engsten Zusammenhang mit dem

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