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Unsicherheit in der Erfassung der individuellen Züge des Kaisers,
gehören zunächst246

Taf. 21, c-d
1. München, Residenz;
Taf. 6, a
2. Paris, Louvre 1134;
Taf. 4
3. Rom, Villa Albani;
Taf. 6, b-y
4. Rom, Kunsthandel;
Taf. s
5. Venedig, Arch. Mus.

Hierhin

Unter ihnen nimmt der Kopf in München eine Sonderstellung ein, da er
keinerlei Spur des Schläfenbartes zeigt. Eine obere Haarschicht wird beider-
seits nahe den Ohren durch zwei dünne Strähnen angedeutet, welche kürzer
sind als die Hauptmasse des Haares, das wie jene oberen Locken so vom
Wirbel nach vorn gestrichen ist, daß man jede Strähne bis zum Hinterkopf
zurückverfolgen kann. Unterhalb der Ohren ist der Hinterkopf rauh gepickt,
so daß vom Haarverlauf nichts zu erkennen ist. Die Proportionen des
Gesichts sind unsicher; die Stirn, deutlich vorgewölbt, aber ziemlich hoch,
bildet ein tiefes Dach über den Augenhöhlen, die Plastik der Wangen ist
gering. Um so härter wirkt die Falte um die Mundwinkel, gegen die, vor allem
in der Seitenansicht, das Kinn kein rechtes Gegengewicht bildet; dieses ist zwar
hoch, springt aber nur wenig vor, an der Unterseite weist es eine kleine Fett-
wamme auf, wie denn der ganze Kopf, mehr noch in der Vorderansicht als im
Profil, einen kräftigen, festen Eindruck macht. Der Mund ist ruhig geschlossen,
ohne gepreßt zu sein, und zeigt nur geringe Bewegung. Von der Seite gesehen
wirkt der Dargestellte durchaus energisch, angespannt, aber ohne Größe; die
Vorderansicht verrät keinerlei bedeutende Eigenschaften. Benennung und
relativ frühe Entstehung sichern die Münzen, deren erste Emission vom
Jahre 98 noch vom Nervabildnis her den langen Hals mit dem Adamsapfel
zeigt, den unter allen großplastischen Traiansbildnissen einzig der Münchener
Kopf auch aufweist.
Schon früher wurde mit dem Münchener Kopf der in Venedig zusammen-
gestellt (Text zu EA 2467). Es sind nicht Repliken in dem Sinne, daß man
Zug für Zug, Locke für Locke hüben und drüben gleich anträfe, aber es sind
Wiederholungen des gleichen Typus. Abgesehen von der Qualität der bild-
hauerischen Arbeit, die bei dem Kopf in Venedig größer ist, liegt der Unter-
schied im Stil, in dem sichereren Vortrag der Formen und darin, daß beider-
seits neben dem Ohr ein Schläfenbart zugefügt ist, indem eine untere Haar-
schicht in Breite von vier Locken bis zur Ohrmitte herabreicht. Die
Vorstellung von Traian entspricht noch keineswegs der späteren kanonischen
Fassung seines Bildnisses, aber die erhaltenen Teile lassen doch, wenn man von
dem grob und entstellend ergänzten Profil abstrahiert, ein energisch vor-
stoßendes Kinn vermuten, wie es die Münzen zeigen, und die Vorderansicht
hat die Unbestimmtheit des Münchener Kopfes verloren. Wie die noch nicht
voll erfaßte Physiognomik beweist, gehört auch dieses Bildnis noch in die Früh-
zeit Traians, und zwar wie der Münchener Kopf zu einem Standbild, dessen
246 Im folgenden werden jeweils zu Beginn der Erörterung kurze „Replikenlisten“ stehen,
um die Verweise und Benennungen zu erleichtern; alle näheren Angaben über Erhaltung,
Größe usw. finden sich unter der gleichen Nummer im Katalog, dort auch die Literatur, die
im Text nur abgekürzt zitiert wird. Bei der Lektüre des Textes wird die Kenntnis der An-
gaben des Kataloges über Erhaltung usw. vorausgesetzt.

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