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deren letzte etwas länger ist als die übrigen und sich bereits über der Schläfe
ausläuft. Daneben und halb darüber liegt eine kleine Locke, die ebenfalls in
der gleichen Richtung schwingt, während die folgenden Strähnen, obwohl durch
keinen Zwischenraum von den ersteren geschieden, in ihrem unteren Ende nun
teils mehr, teils weniger energisch nach rechts, d. h. zum Auge hin gestrichen
sind, und nur einige wenige, darüberliegende Haarbündel laufen parallel der
Hauptgruppe über der Stirn. Neben dem Ohr ist der Schläfenbart klar an-
gegeben und in seiner Struktur deutlich von den Haupthaaren abgesetzt, indem
er flacher gehalten ist und Detailangaben durch zeichnerische Ritzlinien erhält.
Über dem rechten Auge und der benachbarten Schläfe entwickeln sich ganz
andere Motive. Auf die Mittelgruppe folgt hier zunächst ein Zwischenraum von
der Gestalt eines Winkels, wie wir ihn beim Bürgerkronentypus auf der
entgegengesetzten Seite kennengelernt hatten. Darauf folgen, unter sich durch
ähnliche, kleinere Winkel geschieden, drei (manchmal nur zwei) einzelne Locken
in der gleichen Richtung wie diejenigen in der Mitte; man kann diese Dreier-
gruppe durchaus als eine Einheit, wie die zentrale Gruppe, auffassen. Diese drei
Strähnen enden alle in der gleichen Höhe wie die Haare über der Stirn. Die
folgende Haargruppe, unter sich ähnlich eng verbunden wie diejenige über der
linken Schläfe, setzt sich von den drei Locken einerseits durch eine zweite
größere winkelförmige Lücke ab, zum anderen durch ihre Länge, denn sie
greift bereits hinunter bis ans Ohr. Ihre Enden sind im Gegensinn zu denen der
anderen Seite gestrichen, also fast parallel zur Mittelgruppe, während die
darüberliegenden Strähnen (meist sind es drei) in der umgekehrten Richtung
schwingen und dadurch die untere Schicht zeichnerisch klar überschneiden. Die
jeweils oberste Haarlage läßt sich weit zurückverfolgen, bis hin zum Scheitel;
die Zeichnung ist meist klar und wird über der Stirn durch die schatten-
erfüllten tiefen Trennungen der einzelnen Gruppen wirkungsvoll unterstrichen.
Der Eindruck der neuen Haartracht ist der einer kunstvollen Natürlichkeit,
denn die einzelnen Gruppen scheinen wie zufällig sich zueinander gefunden zu
haben, während die gegengleichen Richtungsentsprechungen über den Schläfen
zu deutlich, zu betont sind, um nicht den Gedanken an künstliche Anordnung
sofort zu erwecken, wie ja auch zugegeben werden muß, daß gerade diese Ent-
sprechungen von hoher kompositioneller Bedeutung sind und die zwischen
ihnen liegenden Partien, also die Stirn mit Augen und Nasenansatz, in der
glücklichsten Weise herausheben und ihre bedeutsame Rolle im Bau des ganzen
Gesichtes eindringlich klarlegen.
Die gleiche Anordnung der Haare zeigt eine Büste im Kapitolinischen
Taf. 15, b Museum, die leider durch ihre schlechte Erhaltung und noch schlechtere
Ergänzung stark beeinträchtigt ist. Die Büstenform ist neu und interessant. Sie
ist so groß, daß sie die Armansätze und die beiden Brustwarzen noch mit-
begreift. Von der rechten Schulter führt nach links herab ein breites Schwert-
band, das oben und unten etwas umgeschlagen ist und unten unter dem
Rand des faltenreichen Paludamentums verschwindet, das der Kaiser, von einer
(modern ergänzten) Schließe gehalten, über der linken Schulter trägt. Mit
energischer Wendung des Kopfes blickt Traian nach rechts, so daß sein Gesicht
im Dreiviertelprofil zu sehen ist; der flache Umriß des Oberschädels kommt
eben noch, die ausschwingende Linie des Hinterschädels nicht mehr zum
Bewußtsein des Betrachters. Die wohlbekannten charakteristischen Kennzeichen

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