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eine normale Zeichnung eines sechs- bis siebenjährigen Kindes beschaffen ist. Zu
dem Zwecke studiere er eine Menge freier Kinderzeichnungen unter Berücksichtigung
des Alters und Geschlechts, der übrigen geistigen Bildung, der häuslichen Verhältniffe,
sowie der unmittelbaren Bedingungen, unter welchen die Bildchen entstanden sind.
Sodann bei den Mungen suche er jedesmal eine Normalzeichnung aus der Menge
heraus und mache diese zum Ausgang und zur Richtschnur seiner nachhelfenden und
sördernden Tätigkeit. Daß er hierbei nicht pedantisch-lehrhaft sein darf, sondern
mit größter Weitherzigkeit den kindlichen Äußerungen Spielraum laffen muß, wenn
er etwas aus den Kleinen herausbringen will, versteht sich von selbst. — DerLehrer
muß lernen, im Stil der Kinder vorzeichnen zu können. Bon der Wand-
tafel sollte er sieißig Gebrauch machen. Die Gegenstände in uatuia, wirken in der
Regel durch ihre Kompliziertheit verwirrend, desgleichen naturalistische Abbildungen.

Ganz bedeutend wird der Ausfall der Zeichnungen durch den Grad der An-
schaulichkeit, mit welcher der Lehrer seine Schilderungen vorträgt, bedingt. Besitzen
diese die Fähigkeit, Bilder mit starker Charakteristik in der Seele der Kinder zu
wecken, so müssen hiervon die Zeichnungen Zeugnis ablegen. Die mündliche Schil-
derung hebe durch drastische Vergleiche in stark übertreibender Weise die Formen-
charakteristik z. B. eines Tieres, des stolzen Äahnes, des dicken Schweines, der
wackelnden Ente, hervvr. Einen tieferen Blick in die Natur erschließt kein Lehrer
den Kindern durch Zahl und Maß!

Beispiele von Äbungen für das erste Schuljahr.

as die Gegenstände sür die Zeichenaufgaben des ersten Schuljahres anlangt,
so ist für die Auswahl derselben in erster Linie das Intereffe des Kindes auf
dieser Altersstuse, das wiederum bei Knaben und Mädchen in vielen Fällen verschieden
ist, maßgebend. Das
Kind interessiert sich
für sein Spielzeug.

Gut,so laßtPuppen,

Bleisoldaten, Pa-
pierhelm, Säbel und
Gewehrzeichnen! Es
interessiert sich für
alles, was lebt und
sich bewegt. Also
müssen Tiere gemalt
werden, Vögel,

Fische, Schmetter-
linge, Äunde, Katzen,

Pferde. Das Kind

will etwas Ganzes haben, mit Teilen ist es nicht zufrieden. Es sordert den gan-
zen Kanarienvogel, womöglich mit dem Bauer, den ganzen Karpfen im Teich, den
ganzen Reiter auf dem Pserde. Noch ist es naiv und läßt sich die Lust am

Abb. 1. Wie sechsjährige Kinder sich zeichnerisch ausdrücken.
 
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