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seinen Untersuchungen doch die klare methodische Scheidung von Haupt- und Seitenaltarbildern,
welche die als Ziel seiner Ausführungen nicht angestrebte Aufhellung der Entstehungsgeschichte des
Hochaltarretabels erfordert. Dieser Gesichtspunkt wird von Braun ganz außer acht gelassen, obwohl
schon Jakob Burckhardt in seinem 1898 veröffentlichten Aufsatz über das Altarbild die Frage nach
der Entstehung des Hochaltarretabels gestellt hatte11.
Was die toskanischen Retabel betrifft, deren Bedeutung für die Entwicklung des Tafelbildes nicht
entsprechend gewürdigt wird, so beschränkt sich Braun auf die Beschreibung der noch begrenzten,
aber gegenüber v. Sydow doch schon erweiterten Reihe der ihm damals bekannt gewesenen Beispiele12.
Die als erste Retabel so bedeutsamen Palen mit seitlichen Szenen neben der Standfigur des Heiligen
werden von Braun nur flüchtig und in wenigen, verhältnismäßig späten Exemplaren ohne Distanzierung
von den herkömmlichen Stücken der Antependientradition gestreift13.
Die mit der Dugentomalerei sich befassende Literatur, die, mit Crowe-Cavalcaselle (1903)14 und Venturi
(1907)15 beginnend, in ihrem ersten Stadium über Oswald Siren (1922)16, Vitzthum-Volbach (1924)17
etwa bis zu von Marie (1923)18 reicht, befaßt sich hauptsächlich mit stilistischen Fragen. Die Beschäfti-
gung mit ihnen bleibt auch im zweiten Abschnitt der mit der Giotto-Ausstellung in Florenz von 1936
einen neuen Impuls empfangenden Dugentoforschung bis hin zu Longhi19, Garrison20 und Oertel21
maßgebend und führt zur Klärung der Stilentwicklung der toskanischen Tafelmalerei des 13. Jhs.
Der 1943 erweiterte Katalog der Mostra Giottesca22 ist, neben der Arbeit von Evelyn Sandberg-Vavalä
über das italienische Tafelkreuz (1929)23, eine wichtige Basis für den Index von E. B. Garrison (1949)24,
dessen Verdienst in der beträchtlichen Erweiterung des Materials und seiner zusammenfassenden
Sichtung besteht. Zu dem von ihm aufgeführten Bestand sind bisher nur wenige, meist nicht toskanische
und durch Garrison selbst aufgefundene Stücke hinzugekommen25. Als Nachschlagewerk enthält dieses
Verzeichnis sehr wertvolle Angaben über den Zustand, die Maße, die Datierung, den Schulzusammen-
hang und die Spezialliteratur, auf die sich unsere Arbeit in den genannten Punkten hat stützen können,
wenn wir auch die hypothetische Konstruktion einer Vielzahl von Meistern als überspitzt betrachten*).
Nur gelegentlich notwendige Korrekturen in bezug auf die Entstehungszeit sind vor allem bei einigen
römischen Marienikonen erforderlich.
In den Textabschnitten, die den Materialgruppierungen vorangehen, werden von Garrison gelegentlich
auch Altarbildfragen funktionalen Charakters mit einzelnen, recht zutreffenden Beobachtungen
behandelt, ohne daß jedoch eine systematische Untersuchung in dieser Richtung erfolgt. Die uns
interessierende Kernfrage wird nicht berührt. Gegen die Anordnung des Stoffes läßt sich der Einwand
nicht vermeiden, daß dem sekundären Gesichtspunkt der Rahmenform eine zu starke Bedeutung
beigemessen wird. Das infolge der Außerachtlassung funktionaler Belange und der häufig zu weit
gehenden Unterteilungen bei Garrison an sich schon unscharfe Typenbild wird weiterhin noch dadurch
getrübt, daß in den einzelnen Abschnitten die weder nach der Datierung noch nach dem Schulzusam-
menhang geordnete, wie es scheint dem Zufall überlassene Abfolge der Stücke jede Disposition
vermissen läßt.
Einige Bemerkungen zu typologischen Fragen finden sich im Corpus der Florentiner Trecentomalerei
von Richard Offner26. Sie sind jedoch auf wenige Hinweise beschränkt, ähnlich wie in dem schon
genannten Buch Oertels, der die Bedeutung der Vitapalen des hl. Franz als Typus des hochformatigen
Retabels hervorhebt27.
Seit der Studie Weigelts über „Die mütterliche Madonna in der italienischen Malerei des 13. Jhs.“
(1928)28 und dem eben erwähnten Werk von Evelyn Sandberg-Vavalä (1929), sowie einem ikonographi-
schen Katalog italienischer Mariendarstellungen des 13. Jhs. derselben Autorin, macht sich in der
Dugentoforschung ein verstärktes Interesse an ikonographischen Fragen bemerkbar. Der Untersuchung
von Renate Jacques (1939)29, welche die Ikonographie der thronenden Muttergottes in der Malerei
des 13. Jhs. behandelt, folgt die 1954 abgeschlossene Dissertation von Brigitte Frauendorfer30, deren
Gegenstand die gesamte Ikonographie der Dugentomalerei ist. Das Ergebnis dieser Arbeit ist für unsere
Untersuchung von ganz unmittelbarer Bedeutung, da B. Frauendorfer den franziskanischen Anteil
als einen tragenden Faktor bei der Bildgestaltung nachweist. Die so wichtige Frage nach der Beteiligung
*) Um die Übersicht zu erleichtern, fügen wir die Maßangaben und die Datierung Garrisons in Klammem bei. Im Falle ab-
weichender Datierung ist die Angabe der Entstehungszeit der Indexnummer vorangestellt.

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