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durch die ornamentierte Folie, oberhalb derer zwei Engelhalbfiguren sichtbar sind, von den anderen
Palen dieses Typus unterscheidet (Abb. 119; Garr. 52; 1,07 x 0,57 ni; 1265-1275?). Vor einem ähnlichen
fondo, der jedoch goldgrundig belassen ist und durch vier Säulchen gegliedert wird, befindet sich die
Figur des seraphischen Heiligen auf der Tafel des Jahres 1284 im Dom zu Orte (Abb. 120; Garr. 206;
1,80 x 0,80 m)10. Besonderheiten dieser Ikone sind der Giebelabschluß und die Hinzufügung von vier
Szenen, die neben dem Haupt und zu den Füßen des hl. Franz angeordnet wurden. Die unten rechts
dargestellte, gegenständlich noch ungeklärte, ist insofern besonders bemerkenswert, als oberhalb des
Altars ein im Original in keinem Beispiel erhaltenes, durch einen Giebel begrenztes Halbfigurenbild des
Poverello erscheint.
Der Gründer des zweiten großen Bettelordens ist im Verhältnis zum hl. Franz auf den Tafelbildern des
Dugento nur recht selten dargestellt worden. Eine sienesische Tafel aus Lastra a Signa bei Florenz
befindet sich im Fogg Art Museum zu Cambridge/Mass. (Garr. 204; 1,15x 0,615 m; 4. Viertel 13. Jh.).
Zwei weitere Beispiele campanischer Schule aus der zweiten Hälfte des 13. Jhs. sind in Neapel in der
Pinakothek (Garr. 169; 1,57 x 0,61 m) und in S. Domenico Maggiore (Garr. 337; 1,90 x 0,63 m) erhalten.
Die letztere Ikone ist nach Garrison das Mittelstück eines durch Flügel verschließbaren Tabernakels
gewesen.
Von den anderen in der Toskana verehrten Heiligen ist unter den zu unserem Bildtyp gehörigen Palen
aus dem 13. Jh. nur die in den Uffizien befindliche Lukasdarstellung auf uns gekommen (Abb. 121;
Garr. 205; 1275-1285).
Vereinzelt treten neben den beiden eben schon genannten Dominikuspalen um die Wende des 13. Jhs.
und am Anfang des Trecento auch außerhalb des umbro-toskanischen Bereichs Tafelbilder mit ganz-
figurigen Heiligen auf. Eine Ikone des thronenden hl. Nikolaus mit zwei Stiftern stammt aus der diesem
Heiligen geweihten Kirche in Scandriglia (Latium, Garr. 44; 1,67 x 0,69 m; Ende 13. Jh.)11. Die hl. Mar-
gret ist als Patronin auf einem in S. Margherita zu Messina befindlichen Bilde dargestellt (Garr. 59;
1,20 x 0,56 m; Ende 13., Anfang 14. Jh.). Eine Petrusikone wird im Matroneum der Kirche S. Maria
Minore zu Zara aufbewahrt (Garr. 61; zweites Viertel 14. Jh.). An die in den Voruntersuchungen bereits
erwähnte Donatustafel in Murano (Garr. 167; 2,00 x 1,44 m; 1310) schließen sich zwei gleichfalls vene-
zianische, durch den gerundeten oberen Tafelrand formatmäßig verwandte Palen der Heiligen Benefactus
und Placidius aus der Mitte des 14. Jhs. an (Brüssel, Sammlg. Stoclet, Garr. 607; 1,74 x 0,95; Messina,
Museo Nazionale; Garr. 610; 1,68 x 0,96 m).
In Florenz setzt sich der Typus gleichfalls im Trecento fort, hat aber nicht wie im 13. Jh. in Umbrien den
hl. Franz, sondern andere Heilige, die besonders verehrt wurden, zum Gegenstand (Petrus, S. Lucia,
S. Catarina, S. Lodovico, Bischof von Toulouse, Michael). Einige Tafeln, wie die Petruspalen in S. Simone
zu Florenz (1307)12 und in Mulin del Piano, Castello Trebbio13, stehen jedoch nur noch zum Teil in der
Tradition, da durch die Wiedergabe des Heiligen als thronende Figur und das spitzgiebelige Bildformat
- verbunden mit weniger steilen Tafelproportionen - sich schon die Einflüsse der in den folgenden Ab-
schnitten zu behandelnden Bildtypen bemerkbar machen. - Der Archetypus der schmalhohen Franzpalen
ist das Fresko in der Gregorskapelle zu Subiaco an der Wand rechts neben dem Eingang (Abb. 115).
Das etwa 1,45 m hohe Bild, das den Heiligen noch zu seinen Lebzeiten wiedergibt, zeigt ihn, wie Offner
im Anschluß an Hermanin unter Bezugnahme auf den schon genannten Besuch von 1218 feststellt
„ ... in the role of a guest in the monastery ,..“14. Es handelt sich also um eine reine Erinnerungs-
darstellung, die angefertigt wurde, um als Bildmonument den Gedanken an die Anwesenheit des Padre
serafico an der Wiege des Benediktinerordens lebendig zu erhalten, der an dieser Stätte aus dem Eremiten -
tum erwachsen ist, dem auch der hl. Franz sich zeit seines Lebens verbunden gefühlt hat. Die niedrige
Anbringung über dem Fußboden in einem engen Mauerwinkel neben dem Eingang schließt jede Ver-
wendung im Sinne einer altarbezogenen Ikone aus.
Eine wesentliche Zunahme des devotionalen Charakter Hegt schon bei der nur wenig späteren römischen
Tafel im Louvre vor (Abb. 116), die durch die Stigmata und den Nimbus bereits in die Reihe des regulären
Heiligenbildes gehört. Die rasche Verbreitung, die nur geringe Variation bei den folgenden Ikonen und
vor allem das Auftreten an Orten, die zum hl. Franz in einer besonderen Beziehung stehen, da er hier auf
seinen Reisen geweilt und meist persönlich die Gründung des Konvents vorgenommen hat15, lassen ver-
muten, daß der Anfertigung der dem Subiaco-Fresko verwandten Palen die gleiche Absicht zugrunde
hegt. Neben ihrer, beim Franzbild des Sacro Speco noch nicht vorliegenden Funktion als Andachtsbild

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