ANMERKUNGEN UND EXKURSE
1
Vgl. A. Wesselski, Narzissus und das Spiegelbild. Archiv orientalni 1935,1. - Zum
Thema „Zerrspiegel": besonders die englische Karikatur nimmt sich gern die
Zerrspiegel der Lachkabinette zum Vorbild. Vgl. Dagobert Frey, Englisches Wesen
im Spiegel seiner Kunst (1942), Kapitel „Englischer Humor". So etwa in den poli-
tischen Spottbildern des „Punch" oder bei Cruikshank. Der wohlbeleibte John Bull
erscheint aus Schrecken über die neue Einkommensteuer dünn und mager (1848). -
2
Die experimentelle Tierpsychologie (Schwangart in München) bestätigt die alten,
immer wiederholten Erfahrungen der Tierfreunde und Tierhalter, daß viele Haus-
tierarten im Spiegel oder in spiegelndem Material (z. B. in hochglanzlackierten
Autos) etwas erkennen, was sie wie ihren Artgenossen behandeln. So etwa Katzen,
Hunde, Ziegen, Wellensittiche, Kanarienvögel, Hühner, Gänse, Affen und Pfauen,
deren Verhalten vor dem Spiegel teilweise sprichwörtlich, jedenfalls aber volks-
tümlich bekannt ist (Affen vor dem Spiegel auf Kupferstichen Pieter Breughels d. Ä. Abb. 188
und noch auf Zeichnungen Oberländers und Bildern des Gabriel Max; der Hahn Abb. 189
vor dem Spiegel auf griechischen Gemmen u. a. O.). Das Interesse der Tiere scheint
individuell verschieden zu sein. Einige erschrecken (Hennen versuchen ihre neugie-
rigen Küchlein vom Spiegel wegzubringen), viele balzen und stolzieren vor ihrem
Doppelgänger - woraus sich die Rede von der „Eitelkeit" der Pfauen, Affen,
Gänse erklären ließe —, manche scheinen an ihm mehr interessiert als an ihren wirk-
lichen Artgenossen. Hunde bellen ihr Abbild an, auch Kampfhandlungen gegen das
Spiegelbild werden berichtet; Schrecken oder Entzücken überwiegen jedoch. Nicht
selten wird beobachtet, daß ein einzelner Hund, ein Affe, eine Katze, ein Huhn auf
den „Gedanken" kommen, hinter dem Spiegel nachzuschauen. Im allgemeinen flaut
das Interesse - jedenfalls bei Hunden, da der Geruchsinn sie nicht unterstützt -
rasch wieder ab.
Über die nicht domestizierten Tiere liegen W. Köhlers Beobachtungen über das
erstaunliche Verhalten von Schimpansen vor Spiegeln vor; dazu Überlieferun-
gen, die gleichfalls sowohl im Schrifttum wie in der Malerei ihren Niederschlag ge-
funden haben. Meist handelt es sich um Jagderfahrungen. Panther soll man ver-
mittelst Spiegelfallen gefangen haben (möglich, daß dies Faktum sich auch im
1
Vgl. A. Wesselski, Narzissus und das Spiegelbild. Archiv orientalni 1935,1. - Zum
Thema „Zerrspiegel": besonders die englische Karikatur nimmt sich gern die
Zerrspiegel der Lachkabinette zum Vorbild. Vgl. Dagobert Frey, Englisches Wesen
im Spiegel seiner Kunst (1942), Kapitel „Englischer Humor". So etwa in den poli-
tischen Spottbildern des „Punch" oder bei Cruikshank. Der wohlbeleibte John Bull
erscheint aus Schrecken über die neue Einkommensteuer dünn und mager (1848). -
2
Die experimentelle Tierpsychologie (Schwangart in München) bestätigt die alten,
immer wiederholten Erfahrungen der Tierfreunde und Tierhalter, daß viele Haus-
tierarten im Spiegel oder in spiegelndem Material (z. B. in hochglanzlackierten
Autos) etwas erkennen, was sie wie ihren Artgenossen behandeln. So etwa Katzen,
Hunde, Ziegen, Wellensittiche, Kanarienvögel, Hühner, Gänse, Affen und Pfauen,
deren Verhalten vor dem Spiegel teilweise sprichwörtlich, jedenfalls aber volks-
tümlich bekannt ist (Affen vor dem Spiegel auf Kupferstichen Pieter Breughels d. Ä. Abb. 188
und noch auf Zeichnungen Oberländers und Bildern des Gabriel Max; der Hahn Abb. 189
vor dem Spiegel auf griechischen Gemmen u. a. O.). Das Interesse der Tiere scheint
individuell verschieden zu sein. Einige erschrecken (Hennen versuchen ihre neugie-
rigen Küchlein vom Spiegel wegzubringen), viele balzen und stolzieren vor ihrem
Doppelgänger - woraus sich die Rede von der „Eitelkeit" der Pfauen, Affen,
Gänse erklären ließe —, manche scheinen an ihm mehr interessiert als an ihren wirk-
lichen Artgenossen. Hunde bellen ihr Abbild an, auch Kampfhandlungen gegen das
Spiegelbild werden berichtet; Schrecken oder Entzücken überwiegen jedoch. Nicht
selten wird beobachtet, daß ein einzelner Hund, ein Affe, eine Katze, ein Huhn auf
den „Gedanken" kommen, hinter dem Spiegel nachzuschauen. Im allgemeinen flaut
das Interesse - jedenfalls bei Hunden, da der Geruchsinn sie nicht unterstützt -
rasch wieder ab.
Über die nicht domestizierten Tiere liegen W. Köhlers Beobachtungen über das
erstaunliche Verhalten von Schimpansen vor Spiegeln vor; dazu Überlieferun-
gen, die gleichfalls sowohl im Schrifttum wie in der Malerei ihren Niederschlag ge-
funden haben. Meist handelt es sich um Jagderfahrungen. Panther soll man ver-
mittelst Spiegelfallen gefangen haben (möglich, daß dies Faktum sich auch im