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Jean-Frederic Bazille Das Familientreffen
Paris, Louvrc

Das Wesen des Impressionismus als eines gemeinsamen Nenners für eine Reihe ungefähr gleichzeitiger
kunstgeschichtlichcr Erscheinungen im 19. Jahrhundert könnte man heute, nachträglich also und aus unserer
schon beträchtlichen Distanz, etwa folgendermaßen umschreiben:

Wer nur seine » Eindrücke« malt, der will nicht » die Natur nachahmen «, wie das seit der Antike und
dann seit der Renaissance immer wieder als Aufs;abc hino-cstellt worden war — auch wenn man zugleich

OD Ö

ihre Idealisierung erwartete. Er will keine Abbildung der Gegenstände geben, wie wir sie aufgrund nah-
sichtiger Betrachtung und Betastung zu erkennen glauben, sondern eben nur ihre Erscheinung. Als » Er-
scheinung « ist ihnen zunächst ein subjektiver Faktor, nämlich die Verfassung unserer Sinnesorgane, unserer
Sensibilität, beigemischt; vor allem aber bedeutet crschcinungsgcmäße Wiedergabc, daß uns die Dinge
verändert durch die davorliegende Luftschicht und die besonderen Belcuchtungsverhältnisse gegeben wer-
den: in ihrer atmosphärischen Hülle und im zerstreuten Licht des Freiraums — oder, wenn es sich um
Innenräumc handelt: im zufälligen, nicht künstlich erstellten Licht. Eindrücke sind flüchtig, vergänglich
— sei es wegen jener wechselnden Luft- und Lichtverhältnisse um sie her, sei es weil die Objekte, von
denen sie ausgelöst werden, selber bewegt sind. Die alte Gegcnstandsmalerei, die realistische oder die
»idealrealistischc« (d. h. das Ideale so darstellend, als ob es körperlich wirklich wäre), ging auf das
Dauernde, das Zeitbeständige. Der Impressionismus ist durch ein neues Verhältnis zum Faktor der Zeit
bestimmt. Ihn interessiert es gerade, von dem in kürzesten Zeitabschnitten Vorübergehenden noch einen

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