Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
11

Wesenszug der gesamten antiken Sepulkralkunst. Da die frühen
Kreuzigungsdarstellungen nicht in diesen Bereich gehören, kann
man Fink nicht folgen. Die offenen Augen müssen als Kennzeichen
des lebenden Christus verstanden werden. Tote werden in histori-
schen Szenen bereits in der späteren Antike mit geschlossenen Au-

gen dargestellt, wie ein Blick auf den auch von Fink herangezoge-

56)

nen großen Ludovisischen Schlachtsarkophag zeigt . Auf dem Lon-

doner Passionstäfelchen (Abb.119) wird dem lebenden Jesus der to-

57)

te Judas mit geschlossenen Augen gegenübergestellt ' . Auch die
frühmittelalterliche Kunst stellt Tote mit geschlossenen Augen
dar, man vergleiche den toten Abel auf der Hildesheimer Bronze-
tüJS).

Einige Rezensenten verweisen auf die Projektion einer Reihe von

50)

Vorgängen der Kreuzigungsgeschichte in ein Bild^ . Diese in der
Spätantike so geläufige Methode führt dazu, Ereignisse zusammen
darzustellen, die vor und nach dem Tode Jesu stattfanden. Die
Frage, welche Phase das Bild des Gekreuzigten bestimmt, bleibt
offen. Die Notwendigkeit, den Kruzifixtyp des Rabulas mit Hilfe
zeitgenössischer Theologie zu deuten, wird deshalb allgemein an-
erkannt. Verschiedeh sind die von Grillmeiers Kritikern gemachten
Deutungsvorschläge.

Eduard Stommel hält Grillmeiers Deutung der offenen Augen als
Symbol der wachenden Gottheit für richtig, meint aber, daß das
Löwengleichnis des Physiologus nicht zur Begründung dieser These

herangezogen werden dürfe, da sich seine Christologie nicht ortho-
^-0)

dox verstehen lasse . Der Physiologus spricht nämlich von der
"zur Rechten des Vaters wachenden Gottheit" und setzt so die Tren-
nung des göttlichen Logos von dem toten Leibe Jesu voraus.

Sehr ausführlich setzt sich Hugo Rahner mit Grillmeiers Argu-
A-1)

mentation auseinander . Nachdrücklich unterstreicht er, daß
eine Deutung des altchristlichen Kreuzigungsbildes nur mit Hilfe
der Dogmen- und Frömmigkeitsgeschichte möglich sei, und bestätigt
so die Richtigkeit von Grillmeiers Methode. Doch stehe bei Grill-
meier das Löwengleichnis des Physiologus, das in seiner Anwendung
auf den Gekreuzigten in der alten Kirche sonst nur noch bei Eulo-
 
Annotationen