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n_2)

gius von Alexandrien (um 600) bezeugt ist , zu sehr im Mittel-
punkt. Außerdem sei aus dem Physiologustext konsequenterweise
eine Darstellung des schlafenden Ghristus zu erwarten. Grillmei-
ers Deutung der Seitenwunde als Zeichen des Totseins sei zu ein-
seitig. Rahner verweist darauf, daß in der patristischen Theolo-
gie Blut und Wasser aus der Seitenwunde Christi das Zeichen der
göttlichen Logoskraft ist, die noch in dem toten Leibe Christi
wirksam ist. Er erwägt deshalb eine Deutung des Gekreuzigten im
Rabulascodex, die Grillmeiers Symbole ganz im Gegensinn verwendet.
Die offenen Augen könnten den noch unverklärten Zustand des Ge-
kreuzigten vor dem Tod bedeuten. Der Quell aus der Seitenwunde
symbolisiere die lebenspendende Logosgewalt des Gestorbenen. Eür
die Deutung des ganzen Kreuzigungsbildes sei die syrische Kreuz-

frömmigkeit des vierten Jahrhunderts heranzuziehen, wie sie sich

43)

in den Sermonen und Hymnen Ephräm des Syrers äußert . Diese
spezifisch syrische Frömmigkeitsform des vierten Jahrhunderts
und der von Grillmeier in diesem Zusammenhang ausgiebig herange-
zogene Antinestorianismus und Neo-Chalkedonismus des sechsten
Jahrhunderts seien der theologische Hintergrund der Rabulaskreu-
zigimg.

44)

Franz Ronig , der die ganze Diskussion zusammenfaßt, kriti-

siert zu Recht die Beschränkung der Fragestellung Grillmeiers

auf die Rabulaskreuzigung und fordert die Heranziehung der frühe-

ren Kreuzigungsdarstellungen, also auch des Londoner Passionstä-

felchens und der Holztür von S. Sabina, die beide dem fünften

Jahrhundert entstammen. Er lehnt deshalb die Einschränkung des

dogmengeschichtlichen Hintergrundes auf bestimmte theologische

Richtungen des sechsten Jahrhunderts ab. Die Frage nach den Grün-

den der Entstehung der Darstellung des toten Gekreuzigten mit ge-

schlossenen Augen wird als offenes Problem charakterisiert. Mit

46)

ihr will sich unsere Arbeit beschäftigen

Die Diskussion über die Entstehung der Darstellung des toten
Gekreuzigten hat sich bisher beinahe ausschließlich mit Byzanz
beschäftigt. Unsere Arbeit möchte versuchen, festzustellen, wo
und wann dieser Typ in der abendländischen Kunst zuerst vorkommt
und wie weit er verbreitet ist, ferner, ob er aus einem bestimm-
 
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