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fix und das Giselakreuz sind Reliquienbehälter, die außer Heili-

37)

genreliquien Kreuzpartikel enthielten . 0b der auf der Bern-

wardsäule anzunehmende Kruzifixus Reliquienbehälter gewesen ist,
38)

bleibt unsicher^ . Am Fuße des Kreuzaltares im Essener Münster

gab es im späteren Mittelalter eine Inschrifttafel, die sich auf

39)

die Reliquien im Kreuz hinter dem Altar auf der Säule bezog^ .

So wird die enge Verbindung zwischen Kreuz und Altar dokumentiert.
Ob man beim Gerokreuz sagen darf, ein Teil der eigentlich in das
Altarsepulcrum gehörigen Reliquien (besonders die Hostie) sei im
Kruzifixus bestattet worden?

Harald Keller versuchte 195^ nachzuweisen, daß "die Plastik

sich nur als Reliquienbehälter ihr Daseinsrecht in der ottoni-

40)

schen Kirche erringen konnte" . Trotz der außerordentlich

41)

großen Bedeutung des Reliquienwesens im Mittelalter läßt sich

diese These aber kaum aufrecht erhalten. Keller sagt: "Alle er-

42)

haltenen ottonischen Skulpturen sind Reliquiare." Das stimmt
zumindest für die Kruzifixe nicht. Von den 17 uns bis jetzt be-
kannten deutschen Kruzifixen des zehnten und elften Jahrhunderts
besitzen nur sieben Reliquiendepositorien, also weniger als die
Hälfte. Die Reliquien verleihen dem Kruzifix eine zusätzliche
Würde, sie sind aber keine Voraussetzung für seine Entstehung.

Die aus den Schriftquellen bekannten karolingischen Großkruzi-
fixe, in deren Nachfolge die ottonischen Großkruzifixe gesehen
werden müssen, enthielten anscheinend keine Reliquien - nirgends
sind welche genannt. Sowohl Jonas von Orleans im frühen neunten
Jahrhundert wie auch Bernhard von Angers kurz nach 1000 kenn-
zeichnen den Sinn der Kruzifixe ob memoriam passionis dominicae -
ad celebrandam dominicae passionis memoriam beinahe gleichlautend,
sagen dagegen nichts über die Funktion der Kruzifixe als Reli-
quienbehälter. Schriftquellen und überlieferte Denkmäler führen
also zu dem Schluß, daß diese Funktion Nebensache ist. Die Kru-
zifixe mahnen zum Gedächtnis an die Passion des Herren. Hubert
Schrade formulierte:"Der Reliquienkult hatte von sich aus über-

haupt keine gestaltbildende Kraft oder nur die zum Gestalttorso,

43 )

er war nicht bestimmend für die Erneuerung der Großplastik."

Aus der monumental gewordenen Goldschmiedekunst löst sich im
 
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