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mit der rechten Hand sein Antlitz. Der Gekreuzigte nimmt, was die
Armhaltung angeht, eine Mittelstellung zwischen Gießener und Gun-
dold-Evangeliar ein. Das Haupt mit den geschlossenen Augen ist
noch nicht auf die rechte Schulter gesunken.

Um 1060 kommt der Kruzifixus auf den Te-igitur-Seiten zweier

Kölner Sakramentare beinahe völlig identisch vor. Es handelt sich

lO')

um die Sakramentare ehem. Warschau Bibl. Zamoyski Cim.8 ' und

1 i )

Freiburg UB ms.360a (Abb.3'1) . Der malerisch bewegte Stil des

ausgehenden zehnten Jahrhunderts ist von einem streng zeichnerisch-
linearen Stil abgelöst worden. Der Kruzifix erstarrt zu einem gra-
phischen Gebilde. Die Arme sind nach oben gestreckt, die Hände
förmlich nach unten gebogen, obgleich die Kreuznägel mitten in
den Handflächen sitzen. Aus allen fünf Wunden tropft Blut. In dem
Warschauer Blatt trägt Christus einen Kronreif.

Die Kölner Buchmalerei stellt also in ununterbrochener Tradition
den toten Herm am Kreuze dar, ein Typ, der gerade in Köln unter
dem Einfluß des Gerokreuzes nahelag. Von ihm sind die entscheiden-
den ikonographischen Motive übernommen, von ihm auch der Ausdrucks-
gehalt des Typus. Doch das Gerokreuz allein reicht nicht aus als
Vorbild dieses Typs in der Buchmalerei, wie uns besonders die Ana-
lyse des Kreuzigungsbildes im Sakramentar von St. Gereon zeigte.

Wir werden uns nach einem Modell umsehen müssen, aus dem die Köl-
ner Miniatoren die anderen Bestandteile des Kruzifixtyps (den Un-
terkörper!), die Eiguren von Maria und Johannes, die Landschaft
und die Gestirnzeichen entnehmen konnten.

An diese Kruzifixdarstellungen der Buchmalerei lassen sich eini-
ge Werke der Goldschmiedekunst anschließen. Es braucht hier nicht
im Einzelnen erörtert zu werden, wie weit die von Hermann Schnitz-

'l p)

ler geäußerte, überzeugende Lokalisierung nach Köln J zu Recht
besteht, engste Beziehungen zu Köln und große Vertrautheit mit
der Kölner Kunst sind in jedem Fall vorauszusetzen. Das Kreuz
der Essener Äbtissin Mathilde und ihres Bruders Herzog Otto von
Schwaben im Essener Münsterschatz (Abb.32) entstand zwischen 973

und 982, also kurz nach dem Gerokreuz und vor dem Sakramentar aus
12)

St. Gereon . Dieses kostbare Vortragekreuz wird von dem aus
Gold getriebenen Kruzifixus beherrscht. Ghristus steht auf dem
 
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