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entweder zu den Passionsberichten der Evangelien oder zum Meßka-
non. In den Sakramentaren ist bis auf wenige Ausnahmen die Te-igi-
tur-Seite, der Beginn des Meßkanons, durch die Kreuzigung illu-
striert. Aus dem Textzusammenhang ergibt sich bei den Evangelien-
illustrationen ein stärkeres Interesse am Historisch-Vorgangsmä-
ßigen, bei den Kanonbildern eine größere Betonung der sakramenta-
len Elemente. In beiden Illustrationstypen werden die Typen des
lebenden und des toten Gekreuzigten nebeneinander verwendet. In
der gleichen Werkstatt werden in gleichem Sinnzusammenhang ver-
schiedene Kruzifixtypen benutzt. So erscheint im Regensburger
Sakramentar Heinrichs II. (Abb.55) der tote Kruzifixus, während
in der Meßdarstellung des Utacodex' (Abb.56) der königliche und
priesterliche Gekreuzigte lebend als Triumphator über den Tod
dargestellt ist.

Um so wichtiger wird nun, daß sich die Bedeutung der Darstel-
lung des toten Gekreuzigten in den von uns ausführlich analysier-
ten Reichenauer Miniaturen genau festlegen läßt. In den beiden
historischen Bildfolgen gehörte der tote Kruzifixus zum Bild des
Lanzenstiches. In der Hohe-Lied-Illustration erschien er als
Quell des Sakramentes. Die historische Abfolge der Ereignisse von
Golgatha und besonders die Realität des Kreuzestodes werden offen-
bar in dem Augenblick wichtig, in dem im sakramentalen Bereich
diese Ereignisse als Grundlage und Ausgangspunkt der Sakramente
in den Blickpunkt gerückt werden.
 
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