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zigten an seine Mutter und an Johannes: MULIER ECCE FILIUS TUUS -
APOSTOLE ECCE MATER TUA.

Dieser Grundtyp des mit horizontal ausgestreckten Armen am Kreuz

schwebenden, lebend dargestellten Kruzifixus ist in der karolingi-

schen Kunst sehr häufig. Variabel sind dabei einige Motive: ob

schwebend oder stehend, ob mit oder ohne Bart unddie Haltung des

Daumens. Gemeint ist aber immer der am Kreuze über den Tod trium-

phierende Herr. Hier seien nur einige besonders wichtige Beispie-

le genannt. Zunächst tritt er uns entgegen in des Hrabanus Maurus

De Laudibus Sanctae Crucis, einer Sammlung von Bildgedichten auf

das Kreuz, die ihre künstlerische Ausstattung in Fulda zwischen

831 und 84-0 erhielt. Das Werk ist in mehreren Exemplaren erhalterP.

Das Kreuz ist weggelassen, der Herr aufrecht mit ausgebreiteten

Armen und abgespreizten Daumen. Das Haupt beinahe ganz frontal,

mit weitgeöffneten Augen und Bart. Auf der Vorderwand des um 84-0

entstandenen Mailänder Palliotto ist in dem Christuszyklus ein

Feld der Kreuzigung gewidmet^. Der schwebende, lebende Kruzifi-

xus mit abgespreizten Daumen ist zwischen Maria, Johannes, Longi-

nus und Stephaton dargestellt. Einzigartig sind die sich abwenden-

den Engel auf dem Kreuzquerbalken, die als Gestirne charakteri-

siert worden sind. In diese Reihe gehört auch das Kreuzigungs-

fresko von San Vincenzo al Volturno, das zwischen 826 und 84-3 da-
n)

tiert werden kann' y. Der Kruzifixus diesmal mit herabsinkenden
Fingern.

Die vielleicht großartigsten Vertreter dieses Typs in karolin-
gischer Zeit sind zwei Goldtreibarbeiten \md eine Miniatur der
sogenannten Schule von "Corbie" -"Saint-Denis" - "Reims Spätstu-
fe", deren Lokalisierung und Datierung "Reims um 870" heute an-
scheinend allgemein akzeptiert werden®\ Vor allem muß hier der
Lindauer Buchdeckel auf einem St. Galler Evangeliar, New York
Pierpont Morgan Library M.1 (Abb.92), genannt werden^. Die recht-
eckige Innenfläche ist von einem Kreuz in vier Teile geteilt, wo-
bei der Querbalken das Kreuz in zwei gleichhohe Hälften teilt.
Christus steht aufrecht auf einem Suppedaneum, die Arme horizon-
tal ausgestreckt, die Daumen abgespreizt. Er trägt einen Schurz
mit Mittelknotung. Das jugendliche Haupt mit den weitgeöffneten
 
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