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Augen ist geringfügig nach rechts gewandt. Aus allen fünf Wunden
kleine Bluttrauben. Uber dem Haupt der Kreuztitulus, dann auf dem
oberen Ende des Kreuzes die Büsten von Sol und Luna, Luna über
Sol, beide trauernd. In den rechteckigen Seitenfeldern kreuzför-
mige Edelsteingruppen, von je vier Perlen eingefaßt. Über und un-
ter diesen je eine schwebende Gestalt. Die beiden oberen Paare
sind Engel, unter dem Kreuzquerbalken Maria und Johannes. Was das
untere Paar bedeutet wissen wir nicht. Reils Deutung dieser weib-
lichen Gestalten auf die zur Schau des Kreuzes aufsteigende mensch-
liche Seele erklärt weder die Zweizahl noch, warum diese beiden
Figuren nicht wie alle anderen auf den triumphierenden Herrn
blicken, sondern auf Maria und Johannes. Auf der Te-igitur-Seite

fol.öv des Sakramentarfragmentes Paris BN lat.1141 (Abb.94) wird

10)

die Initiale T zum Träger des Kruzifixus . Es ist der gleiche

Typ wie auf dem Lindauer Buchdeckel, nur ist das Suppedaneum weg-

gelassen. Unter den Füßen Christi die Schlange. Außerdem ist Chri-

stus bärtig dargestellt, das Haupt ein wenig geneigt. Oben links

Sol, dem Kreuze zugewandt, rechts Luna sich abwendend, von oben

11)

senkt sich ein Wolkenvorhang vor die Gestirne '. Mit etwas nach
oben durchgebogenen Armen und herabsinkenden Fingern war der Kru-
zifixus auf dem verlorenen "Mahlschatz-Kreuz" Heinrichs II. in

Gold getrieben, eine Arbeit, die dem Lindauer Buchdeckel ganz
12)

eng verwandt ist .

In diese Typenreihe gehören weiterhin die beiden einzigen rekon-
struierbaren Großkruzifixe der Karolingerzeit, das Kreuz des hl.

Odo aus St. Martin vor Autun (Abb.25) und ein Kreuz in St. Peter

(Abb.26), das nur in einer Lederreplik des 16. Jahrhunderts er-
l^)

halten ist Das um 870 entstandene Kreuz in Autun ist als gan-

zes nur durch Wiedergaben des 17. Jahrhunderts bekannt. Die Füße
auf dem Suppedaneum und die herabsinkenden Hände sind nicht gesi-
chert, da sie nach 157° ergänzt worden sind. Doch sind sie durch
viele karolingische Parallelen zumindest wahrscheinlich. Das
Kreuz in St. Peter ist vermutlich eine Stiftung Leos IV.(847-858).
Die Kopie gibt geschlossene Augen wieder und stellt so das Kreuz
in Gegensatz zu allen typenmäßig vergleichbaren karolingischen
Kruzifixdarstellungen. So dürfen wir dies Detail füreine Korrek-
 
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