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7)

Eine andere Deutung hat Aloys Grillmeier vorgeschlagen''. Die
Byzantiner hätten Bilder von Menschen herstellen lassen, um sie
auf dem Antlitz des Gekreuzigten zu befestigen. Er beruft sich
als Parallele auf den byzantinischen Brauch, Haare eines Kindes

mit Wachs an ein Kreuz zu heften, um so die Weihe des Kindes an

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den Gekreuzigten auszudrücken . Bei Hurabert wäre ein ähnlicher,
nicht eindeutig festlegbarer Brauch gemeint, das Bildnis eines
Sterblichen beim Herannahen des Todes am Kreuz zu befestigen. Da

diese Deutung sich weder auf erhaltene Monumente noch auf irgen-

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ein Schriftzeugnis stützen kann, muß sie abgelehnt werden.

Klaus Wessel hat jüngst vorgeschlagen, den von Humbert angegriffe

nen Bildtyp mit den von Josef Deer zusammengestellten'und gedeute

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ten Bildern des Kaisers im Kreuz zu identifizieren . Es handelt
sich um mittelbyzantinische Kreuze des zehnten Jahrhunderts, die
in der Mitte eine Reliquienkapsel mit einem Partikel vom Kreuz
enthielten. Auf der einen Seite ist der Pantokrator abgebildet,
auf der anderen der Kaiser. Erhalten sind solche Kreuze nicht,
sie erscheinen aber auf Münzen und in der Elfenbeinplastik. Diese
bis in die Spätantike zurückreichende Ikonographie hat über By-
zanz auch auf die abendländische Kunst des späten zehnten und
der ersten Hälfte des elften Jahrhunderts gewirkt. Wessel deutet
nun Humberts Ausspruch so: "Man kann nun das Medaillon Christi
an diesen Kreuzen als crucifixa imago Christi ansprechen, das der
Kreuzmitte aufgelegt, also crucifixa im wörtlichen Sinne ist; die
ser imago crucifixa wird nun auf der Rückseite des Kreuzes das
Medaillonbild des Kaisers, also die imago hominis morituri ...,
zugefügt oder angeheftet, wie Humbert sagt (affigere). Ein Pole-
miker wie Humbert kann darin den Versuch sehen, den Kaiser zur
Anbetung zu repräsentieren tamquam sit deus." Wenn auch bei die-
ser Deutung das wörtliche Verständnis von Humberts Angriff Schwie
<* rigkeiten macht - statt crucifixa wäre cruci giffixa zu erwarten,

6 crucifixus ist als terminus technicus zu sehr auf den Gekreuzig-
/ ten festgelegt; außerdem ist die imago hominis morituri nicht
der imago Christi aufgeheftet, sondem befindet sich auf der Rück
seite; ein ganz wörtliches Verständnis ist also auch hier nicht ge
geben -, so stimmen einige historische Überlegungen bedenklich.
 
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