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ters, der die allgemein akzeptierte Ansetzung dieser Handschrift
nur bestätigt. Der geistigd Umkreis der Reimser Bildkunst um 850
wird so deutlicher, die Gedankengänge des Paschasius Radbertus
scheinen in jenem Skriptorium gut bekannt gewesen zu sein. In dem
Reimser Skriptorium ist aber auch Gottschalk der Sachse tätig ge-

wesen, jedenfalls ist das Widmungsgedicht des Schreibers des Ebbo-
B25')

Evangeliars von ihnr . Die Werkstatt stand also in Verbindung
mit den bedeutendsten Theologen des neunten Jahrhunderts, was man
bei der Deutung einzelner Kunstwerke nie vergessen sollte.

Die Entstehung des abendländischen Typus des toten Gekreuzigten
muß demnach in direktem Zusammenhang mit jener Akzentverschiebung
im Ghristusbild des neunten Jahrhunderts stehen, die sich aus der
neuen Betonung des Heilswertes von Christi Tod im Rahmen von Meß-
erklärung und Eucharistielehre ergaben. Darauf weist auch die Tat-
sache, daß dieser neue Typus zuerst in sakramentalen Darstellungsn
vorkommt. Das Blut aus der Seitenwunde steht im Mittelpunkt dieser
Bilder. Gerade in dem Gedankenkreis von Messe und Eucharistie ent-
standen jene Anschauungen, die den Tod Christi in den Mittelpunkt
frommer Betrachtung rückten. Die Darstellung des toten Gekreuzig-
ten erwächst also nicht aus einem wie auch immer gearteten histo-
rischen Interesse am Geschehen von Golgatha, sie ist nur sakramen-
tal zu verstehen. Während in Byzanz die Logoskraft Christi das
Thema auch der Darstellung des toten Gekreuzigten war, führt im
Abendland die sakramentale Bedeutung des Kreuzestodes zur Dar-
stellung seiner Realität.

Der Gehalt des Gerokreuzes

"Wo in der christlichen Kunst ist der Crucifixus von Golgatha

kongenial dargestellt? Vielleicht im KÖlner Gerokreuz. Vielleicht
526)

nirgends."^ ' Diese Wertung des Gerokreuzes stammt aus einem neu-
eren Jesusbuch eines Theologen, in dem es von Grünewalds Bildern
des Crucifixus dolorosus abgesetzt wird. Von theologischer Seite

527")

wird hier die Frage nach der "sachgerechten Darstellung"^ des
Gekreuzigten aufgeworfen. Diese Frage wird zweifelsohne von ,je-
 
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