Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Universität Heidelberg [Editor]
Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg: Sommer-Halbjahr 1899 — Heidelberg, 1899

DOI issue:
Nr. 5 (27. Mai 1899)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.25135#0039
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. 5

Hbidelbebgbb Akademische Mitteilüngen

1899

des Aufzunehmenden berechnet und schwankt vierteljährlich
zwischen 9 bis 150 Mark; ebenso die Pension zwischen 75
bis 300 Mark. Unter Leitung erfahrener Lehrer (1 Real-
schuldirektor, 1 Gymnasialdirektor, 1 Rektor, 1 Oberlehrer
a. D. und mehreren Hilfslehrern) erfreut sich die Anstalt
nah und fern eines von Jahr zu Jahr wachsenden guten Rufes.
Der Direktor, Professor Bartholdy, übersendet auf Wunsch
franko Prospekt und Lektionsplan.

Aus der Oelehrteii-Welt.

Wissenscliaftliclier Kongress. Der XII. internatio-
nale Orientalisten-Kongress wird sich Anfang Oktober d. J.
in Rom versammeln. Präsident des Organisationskomitees ist
Graf Angelo de Gubernatis, Professor des Sanskrit in Rom;
Generalsekretär des Kongresses ist der Graf Francesco Lorenzo
Pulle', Professor des Sanskrit in Pisa. Mitgliedskarten für den
Kongress können schon jetzt zum Preise von 16 Mk. von der
Buchhandlung F. A. Brockhaus in Leipzig bezogen werden.

Litteratur-Archiv-Gesellschaft. Die Litteratur-Ar-
chiv-Gesellschaft in Berlin, die es sich zur Aufgabe gemacht
hat, Nachlässe von Gelehrten und Dichtern zu erwerben und
zu ordnen, hielt am 19. Februar ihre diesjährige Generalver-
sammlung ab. Das Litteraturarchiv der Gesellschaft enthält
etwa 12 000 Briefe und 500 grössere Manuskripte. Neu hin-
zugekommen sind im verflossenen Jahre Briefe von Fouque,
A. von Humboldt, Archenholtz, Elise Reimarus und zwei
Sammlungen von Gelehrtenbriefen, teils als Geschenke, teils
als Ankäufe. Mit ßeihilfe einiger Freunde der Gesellschaft
wurde der gesamte litterarische Nachlass von Schleiermacher
erworben, der ausser den Manuskripten der Mehrzahl seiner
Werke auch sehr umfangreiche Korrespondenz enthält. —
Den Vorstand der Gesellschaft bilden die Herren Geheimer
Regierungsrat Prof. Dr. Weinhold und Prof. Dr. Mommsen
als Vorsitzende, Oberbibliothekar Dr. Meisner als Schriftführer,
Bankier Alex. Meyer-Cohn als Schatzmeister und Geheimer
Regierungsrat Prof. Dr. Dilthey, Schulinspektor Dr. Jonas,
Geheimer Justizrat Lessing, Professor Dr. Erich Schmidt und
Geheimer Legationsrat Dr. v. Wildenbruch als Beisitzer.

Heidelberger Studentenlelben in französi-
scher Belenchtung.

(Schluss.)

Die eine der abgebildeten Photographien stellt vier
Studenten derselben Verbindung dar, die kurz vorher in
einer dieser Mensuren verwundet wurden. Diese Art
sicli zu schlagen, versichern sie, stälile den Mut, und
mancher, der nach seinen Studienjahren Alter Herr
geworden, ist stolz darauf, die scheusslichen Narben zu
zeigen, welche sein Gesicht entstellen. Der Schmiss ist
die Taufe des Studenten; es giebt solche, die deren
iiber zwanzig besitzen. Sie sind stolzer darauf als auf
ihre Examen; ja sie gehen sogar noch weiter: sie legen
auf die Wunde scharfe Pflaster, welche nach deren
Vernarbung rötliche Spuren zurücklassen! Sorgfältig
bewahren sie die Bänder und die Watte, womit sie
verbunden wurden, und hängen das Ganze an der Wand
auf inmitten einer Sammlung von Miitzen, riesigen
Pfeifen und den Arbeiten ihrer Bräute. Im Grossen
Ganzen bieten diese Mensuren keine ernstliche Gefahr;
aber jede Weigerung sich zu schlagen zieht den Aus-
schluss aus der Gesellschaft nach sich.

Trotz dieser barbarischen Sitten wahrt der deutsche
Student, wenn er niichtern ist, das Aeussere einer iiber-
triebenen Höflichkeit. Er ist höflich in Verbindung mit

jener deutschen Steifheit, die er dem Offiziersstand ent-
lehnt. Sein Hauptcharakterzug ist der Hang zum Ex-
centrischen. Im engeren Kreise spielt er den Gemüt-
lichen und bleibt anständig, soweit dies einem Deutschen
möglich ist, aber es mangelt ihm vollständig an Takt!
Bei Tische lässt er sicli gehen, auf der Strasse jedoch
spielt er den Feinen. Beim Bierglas gewinnt der Stu-
dierende seine Eigenart wieder; schmutzig, plump und
grob, beleidigt er die Damen und Passanten. Er er-
wartet nicht den Streit, sondern fordert ihn heraus. Er
glaubt, sich alles erlauben zü dürfen und lässt sich zu
den schlechtesten Spässen hinreissen, auch wenn er sie
später teuer bezahlen muss. Wegen eines zu auffallen-
den Skandals wird der Student von dem Olief des Korps
mit zwei bis fünfzehn Tagen Gefängnis bestraft. Sein
Gefängnis, „Karzer“ genannt, ist eigentlich ein Arrest-
lokal, in dem er die Zeit so angenehm als möglich ver-
bringt. Eine Stunde täglich geht er aus, und er findet
Mittel, den Rest seiner Strafe durch Leerung ver-
schiedener Fiaschen zu verktirzen. Begreiflicher Weise
kann ein solches Einsperrungssystem auf das Betragen
des Studenten wenig Einfluss haben, und wenn er niclit
eine Geldstrafe bezahlen müsste, so wäre es ihm gleich-
giiltig, ob er sich in einem Bierlokal oder im Arrest
berauschte.

Trotz alledem bleibt der Student das verhätschelte
Kind des deutschen Volkes. Man lässt ihm für die Voll-
endung seiner Studien bis zum 26. Jahre Zeit (ehe er
in die Armee eintreten muss). Hat er dies erreicht, so
braucht er nur ein einziges Jahr zu dienen. Als Soldat
macht man ihm das Leben so leiclit als möglich, soweit
es eben die rauhen Vorschriften der Disziplin erlauben.
Nach einem Monat Dienstzeit wird es ihm gestattet,
seine Wohnung in der Stadt zu nehmen. Nach wie vor
bezahlt er seinen Platz bei öffentlichen Veranstaltungen
nur mit einem Drittel. Ist sein Militärdienst beendigt
und seine Zukunft gesichert, so verheiratet er sich mit
der Braut, die schon mehrere Jahre auf ihn wartet, falls
er es niclit während seines Aufenthaltes auf der Uni-
versität für gut befunden hat, damit zu wechseln. Mit
seiner Braut hat er eine zärtliche Korrespondenz durch
Ansichtspostkarten unterhalten. Die Zeit ist ihnen bei-
den rasch vergangen und sie haben davon eine hübsche
Sammlung zusammengebracht. Seine Kinder wird er
mit der Erzählung seiner Streiche und Mensuren in
Staunen versetzen. Seine Söhne werden ihrerseits eben-
falls studieren, und sie werden wissen, die weisen Lehren
ilires Vaters in die Praxis zu übertragen.“


I

| Zur Beaclitung!

|j Die Herren Professoren, Dozenten und Studieren-
den werden ergebenst gebeten, von unpünktlicher Zu-
stellung der „Akademischen Mitteilungen“ sowie von
Wohnungsänderungen uns gefl. sofort benachrichtigen
zu wollen; auch bitten wir die nicht immatriku-
lierten Hörer und Hörerinnen, die das Blatt zu er-
halten wünschen, um Angabe ihrer Wohnungen.

Auswärts wohnende Studierende wollen die Num-
mern entweder jeweils Samstags bei der Geschäfts-
stelle abholen oder das Blatt durch die Post/ (beim
Postamt des Wohnortes) bestellen; Postzeitungs-Preis-
liste Nr. 55, Bezugspreis 75 Pfg., wovon gegen Vor-
zeigung der Postquittung 60 Pfg. rückvergütet werden.

^ Der Herausgeber. -

^)f6fof6fof6fuf6fofof\)föföfdfofof6föf< ’ ffof< i'fdfl)fof )fof ’fo'f’iföfoYo'föfof)^
 
Annotationen