Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. 1

Heidelbebgek Akadlihische Mitteilungen.

1896/97

Festmahl statt, zu dem als Yertreter der Heidelberger Stu-
dentenschaft der Ausschuss (die Herren stud. rer. nat. Leim-
bach [Yineta], stud. phil. Popp [Neuphil. Yerein], cand.
iur. Stumpf [Ghibellinia]), geladen war.'Das Mahl veriief
in grossartigster Weise. Enthusiastischen Widerhall fanden
die Worte geistvoller ßedner. Neben Herrn Oberbiirger-
meister Schnetzler und dem kommandierenden General
des XIY. Armeekorps, General v. B ü 1 o w sprach in hervor-
ragender Bede auch S. Magnificenz unser Prorektor. Sein
.Hoch galt unserm Kaiser. Noch manche Beden folgten, die
den Veranstaltern des Festes den Dank der Festgäste aus-
sprachen. Wie sie aus aller Herzen gesprochen waren, be-
wies der laute Beifall, der ihnen folgte. So blieb man in
gehobener Festesstimmung bis gegen 8 Uhr bei Tisch sitzen,
als die einen zur Festvorstellung in’s Hoftheater, die andern
zur Besichtigung der Stadt aufbrachen, die heute im schönsten
Glanze festlicher Beleuchtung prangte.

Am nächsten Morgen um 10 Uhr fand in dem grossen
Saale der Festhalle der Huldigungsakt statt, bei dem auch
der Ausschuss der Heidelberger Studentenschaft von Seiner
Kgl. Hoheit dem Grossherzog empfangen wurde. Der Fest-
saal war gefüllt mit einem auserlesenen und zahlreichen
Publikum. S. Kgl. Hoheit der Grossherzog und die Fürstlich-
keiten, die in seiner Begleitung waren, nahmen ihren Platz
unter einem Baldachin ein, zu dem man auf mehreren Stufen
emporstieg. Nach einleitender Musik und einer trefflichen
Bede des Herrn Oberbürgermeisters Gönner (Baden) auf
unsern Grossherzog nahm der Huldigungszug seinen Anfang.
Die Bilder, die man hier sah, prägten sich allen, die zugegen
waren, fest ein. Da stand der greise Fürst umgeben von der
Liebe seines Volkes, die sich ihm in den verschiedensten
Gestalten nahte. Jedem, der zu ihm sprach, hörte er mit
Interesse zu, für jeden hatte er freundliche Worte.

Den Abteilungen „Schulen“ und „Landestrachten“ folgte
die „Wissenschaft“. Die Universität Heidelberg war ver-
treten diirch die Wissenschaft und die fünf Fakultäten aus
dem Festzug, die dem Grossherzoglichen Paare ihre Blumen-
grüsse darbrachten, dann die Vertreter der Heidelberger Stu-
dentenschaft. Der Vorsitzende des Ausschusses sprach Seiner
Königl. Hoheit die Gefühle der Heidelberger Studentenschaft
an diesem Tage aus und überreichte in ihrem Namen eine
kunstvoll gearbeitete Adresse. . S. Kgl. Hoheit nahm sie mit
Worten herzlichsten Dankes an und forderte den Vorsitzen-
den auf, der Uebermittler dieses Dankes an die Studenten-
scbaft zu sein.

Der Text der Adresse war folgender:

„Allerdurchlauchtigster Grossherzog!
Gnädigster Fiirst und Herr, Erhabener Bector magni-
ficentissimus unserer Buperto-Carola!

An dem Tage, an welchem die Herzen des Badner-
volkes einmütig zusammenschlagen im Anblick seines
erhabenen, gütigen Herrschers, nahen sich ihrem er-
lauchten Bector magnificentissimus die Schüler der alt-
ehrwürdigen Buperto-Carola, die unter Ew. Kgl. Hoheit
segensreächer Begierung zu neuem höchstem Glanz
emporgebliiht ist.

Allen Gauen des deutschen Vateriandes entstammend,
fiihlen sie sich heute fest verbunden mit Badens Volk
in der Liebe und Hingebung zu einem Fürsten, dessen
Leben nicht nur der engeren Heimat, sondern auch dem
ganzen deutschen Vaterland gewidmet war.

Dankerfüllt für Alles was Ew. Königl. Hoheit der
deutschen Wissenschaft und ihren Jüngern allzeit gethan,
bringen sie dem erlauchten Herrscher die innigsten
Gliick- und Segenswünsche dar mit der erneuten Ver-
sicherung ihrer unwandelbaren Treue und Ergebenheit. “
Im Namen der Heidelberger Studentenschaft:
Die Ausführung der Adresse hatte mit schönstem Erfolg
Herr Gewerbschullehrer Holder in Heidelberg besorgt.

Wie am 9. September so war auch am Abend des
10. September eine Festvorstellung im Hoftheater, diesmal
aber für die Festzugsteilnehmer, die nach dem Wunsche
Sr. Ivgl. Hoheit des Grossherzogs alle in ihren Kostümen
erschienen waren. Ein reizvolles Bild, hier die Jungfrauen
der Huldigungsgruppe in weissen Gewändern, da die Land-
mädchen des Schwarzwaldes in ihren mancherlei Trachten,
dort Jünger der Kunst und hier wir Jünger der Wissenschaft,
wir Studenten. Leider war unsere Zahl ldein, der Baum
ivar zu beschränkt gewesen, uns alle aufzunehmen, aber gross
war unsere Begeisterung. Wie begrüssten wir das Gross-
herzogliche Paar als es kurz vor Beginn des Festspiels für
eine halbe Stunde die Loge betrat, um noch einmal in Er-
innerung den Festzug des vergangenen Tages an sich vorüber-
ziehen zu lassen! Wie schallte die Fürstenhynme, als wir
sie am Ende des Spiels angesichts der stolzen Statue unseres
Fürsten mit gezogenen Speeren sangen!

So klang in edler Begeisterung das Karlsruher Fest aus,
in unser aller Herzen eine Erinnerung zurücklassend, die
keiner missen inöchte. R. L.

liücherscliau.

„Gescliiclite (ler Englisclien Litteratur von den iiltesten
Zeiten bis zur Gegenvvart“ von Professor Dr. Richard Wülker.
Das Werk ist soeben in seiner Lieferungsausgabe zura Abschluss ge-
kommen und liegt nun in vornehmer Gewandung als stattlicher Band
vor uns; die Verlagsanstalt, das Bibliographische Institut in
Leipzig und Wien, darf aueh auf diese ihre neueste Leistung mit
Recht stolz sein. Mit dera bedeutsamen Werke ist eigentlich die erste
englische Litteraturgeschichte geschaffen worden, denn es gibt weder
unter den deutschen noch unter den englischen Darstellungen ein ab-
geschlossenes Werk, das auch nur annähernd den Anforderungen der
Wissenschaft und des' guten Geschmacks in gieicher Weise gerecht
würde. Die Entwickelung der englischen Litteratur aufzuzeigen, war
der Zweck des Buches. Darum wurde mit den ältesten Anfängen des
Schrifttums begonnen und bis zur neuesten Zeit vorwärts gegangen.
Nur auf diese Weise war es möglich, nachzuweisen, wie zeitig manche
Anlagen des englischen Geistes hervortraten, und wie sie sich im Laufe
der Jahrhunderte fortbildeten. Die grosse Befähigung des englischen
Volkes für das Drama und den Roman, seine Neigung zu tiefernster
religiöser Dichtnng und zur schildernden Naturbeschreibung werden
dem Leser z. B. schon in frühen Jahrhunderten entgegentreten, und
auch der Humor, durch den sich England bis heute auszeichnet, fehlte
schon damals nicht. Das gewaltige Gebiet, das auf diese Weise zu
behandeln war, so sicher, klar und tibersichtlich zur Darstellung ge-
bracht zu haben, ist für den Autor dieses neuen Standard-Werkes ein
Verdienst, das nur noch durch die gefällige Form in Sprache und Stil
gehoben werden konnte, die die „Englische Litteraturgeschichte“, so
streng wissenschaftlich sie ist, zugleich zu einem für das grosse Pub-
likum vortrefflich geeigneten Haus-, Familien- und Unterhaltungsbuche
macht. Die Rticksicht auf weitere Kreise hat aber noch eine wichtige
Folge gehabt: verständlich werden uns Dichtungen, die wir niemals
gelesen haben (und kein Litteraturfreund kann alles lesen), nur durch
eine anschauliche Skizze des Inhalts. Daher hat Wülker in seiner
Darstellung ziemlich ausführliche Inhaltsangaben überall in’den Vorder-
grund treten lassen und sehr häufig auch charakteristische, gut aus-
gewählte Proben in geschmackvollen Uebersetzungen hinzugefügt. Wirk-
same Unterstützung boten der populären Haltung des Werkes endlich
noch die zahlreichen Illustrationen, die, das muss besonders hervor-
gehohen werden, nicht nach allbekannten Vorlagen, sondern ausschliess-
lich nach Originalen eigens angefertigt worden sind. Es sind 162 Ab-
biklungen im Text, 25 Tafeln in Farbendruck, Iiupferstich und Holz-
schnitt, endlich 11 Faksimile-Beilagen. Unter diesen beigehefteten
Blättern verdienen ihrer kiinstlerischen, aber auch ihrer historisch ge-
treuen Wiedergabe wegen besonders erwähnt zu werden die Farben-
drucktafeln: „Die Krönung König Heinrichs IV. von England“, „Wil-
liam Shakespeare, nach der Büste in der heiligen Dreieinigkeitskirche
zu Stratford“, „Badegesellschaft in Tunbridge Wells. (Zu Richardson)“,
die Tafeln in Schwarzdruck: „Der Sturz der hösen Engel, aus einer
angelsächsischen Handschrift“, „Stätten aus W. Shakespeares Leben
(Geburtshaus, Geburtszimmer, Dreieinigkeitskirche zu Stratford, Gram-
mar School, ebenda)“ und endlich die Faksimile-Beilagen: „Plan von
London (1575)“, „Ein Brief von A. Tennyson“. Aber auch von den
hier nicht genannten Bildern, vor allem von den farbigen Tafeln, sind
die meisten graphische Musterleistungen, und so gesellt sich bei der
Lektüre des Buches zu dem litterarischen auch noch ein künstlerischer
Genuss. Und gerade auch in Bezug auf diese reiche Beigabe von Illu-
strationen ist der Preis von 16 Mark für den in Halbleder gebundenen
Band als seltr gering zu bezeichen.
 
Annotationen