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Universität Heidelberg [Hrsg.]
Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg: Winter-Halbjahr 1896/97 — Heidelberg, 1896-1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.25132#0050
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1896/97

HEIDELBEßGEß ÄKADEMISCHE MlTTEILUNGEN

Nr. 12

Hochscliuliiacliricliten.

Heidelberg, 22. Januar 1897.

(Greburtstag Kaiser Willielms 1.) Wie der „Pfälzer
Bote“ mitteilt, hat der Ansschuss der Studierenden in seiner
Sitzung vom 18. ds. beschlossen, dass anlässlich der Centenar-
feier des Geburtstages Sr. Majestät Kaiser Wilheims I. im
Anschluss an eine von der Universität fiir den 6. Februar ge-
plante Festlichkeit in der Aula an demselben Tage abends
ein Kommers der gesamten hiesigen Studentenschaft statt-
finden soll.

(Ernennung.) Als Nachfolger des in den Kuhestand
getretenen Geh. Rat Knies hat Se. Königl. Hoheit der Gross-
herzog den Professor Dr. Max Weber an der Universität
Freiburg zum ordentlichen Professor der Nationalökonomie
und Finanzwissenschaft ernannt.

(Probevorlesung.) Zur Erlangung der Yenia legendi
bei der juristischen Fakultät hält Dr. Wolfgang Mitter-
maier am Montag, den 25. Januar, nachmittags 3 Uhr, im
Hörsaal XIII der Universität eine öffentliche Probevorlesung.
Gegenstand: „Das Moment des Anfangs der Ausführung im
Yersuchsbegriff“.

(Chemisclie Gesellschaft zu Heidelberg.) Am Diens-
tag, 26. Januar, abends 3/48 Uhr c. t. flndet im grossen Hör-
saale des chemischen Universitätslaboratoriums die III. Sitzung
statt mit folgenden Yorträgen: Prof. V. Meyer: a) Ueber
einige symmetriscbe Triderivate des Benzols (mit stud. L o e b).
b) Bestimmung der Dichte von Gasen mit kleinen Substanz-
mengen (mit L. Wöhler). Prof. Auwers: Ueber einige
abnorme Reaktionen von Phenolen und Oxvalkoholen. Prof.
H. Goldsclimidt und stud. A. Fischer: Ueber die Re-
duktion des Carvoxims. Prof. Gattermann: Beiträge zur
Synthese aromatischer Kohlenwasserstoffe und Carbonsäuren
(mit Dr. Fritz und stud. Beck).

(Steuograpliisches.) Nachdem sich eine geniigende
Anzahl von Teilnehmern zu dem angekündigten Lehrgang in
der Gabelsberger’schen Stenographie gefunden hat, wurde der
Unterricht am 21. ds. in der Wohnung des Herrn Lehramts-
praktikanten Hanauer, Friedrichstrasse 1 begonnen. Etwaige
Anmeldungen werden dort npch angenommen.

* Zu dem der Berliner Hochschulen-Zeitung „Factotum“
entnommenen Aufsatze in letzter Nummer unseres Blattes

„Studentisclie Sitte uml Unsitte“

erhalten wir folgende Zuschrift:

Da Sie sich in der letzten Nummer Ihrer w. Zeitung
bereit erklären, Aeusserungen aus hiesigen studentischen
Kreisen über „Studentische Sitte und Unsitte“ aufzunehmen,
möchte ich eine Unsitte hervorheben, die allerdings nicht
direkt von den Studenten ausgeht, zweifellos aber durch ihre
Billigung verursacht wird. Ich meine den allgemein ange-
nommenen Brauch, dass die Dozenten am Semesterschluss
den „Herren“ für ihre „Aufmerksamkeit“ ihren herzlichsten
Dank aussprechen. — Niemand wird es auffallend finden,
dass der Dozent seinen Schülern yergnügte Ferien, ange-
nehme Feiertage, gute Erholung oder dergl. mehr wünschte,
dagegen muss ich gestehen, dass ich jedesmal, wenn ich
einen Dozenten „den Herren für Ihre Aufmerksamkeit danken“
höre, mir selber die Frage stelle: was denkt eigentlich der
Herr, während er dieses spricht? — Meint er denn wirklich,
dass er den „Herren“ zu danken hat, oder ist er vielmehr
der — alleiu richtigen — Ansicht, dass die Herren ihm zu
Dank verpflichtet sind ? — Und jedesmal überzeuge ich mich,
dass dieses letztere der Fall ist. — Ich halte es auch nicht
fiir Zufall, dass jeder Dozent bei den Danksagungen irgend
einen Scherz herbeizuschaffen sucht; ich halte es fiir einen

Beweis, dass er selber an seine Worte nicht glaubt und durch
den Scherz seine Verwirrung zu bemänteln sucht.

Es wäre ein Fortschritt, weun dieser Verkehrtheit ein
für allemal ein Ende gemacht wiirde.

Ein Student.

Verschicdenes.

(Studentenleben in Erfurt.) In der Kgl. Bibliotliek
zu Erfurt befindet sich in einem Sammelbande von Erfurter
Universitätsprogrammen aus dem Jahre 1697 auch ein Druck-
exemplar der „Hauss- und Tisch-Leges“, Gesetze, die der
damalige Professor der Mathematik, Math. Jobus Ludoff, auf-
gesetzt hat und die, wie er schreibt, „zu allerseits Nutzen
und Besten von denen Herren Studiosis zu beachten sind“.
Dr. E. Horn veröffentlicht in seinern soeben erscliienenen Buche
„Colleg und Honorar“ das interessante Schriftstück. Als Be-
weis, dass die damalige Zeit unserem als so sehr materialis-
tisch und egoistisch verschrieenen Zeitalter an praktischer
Lebensauffassung nicht nachstand, kann der § 1 dienen, der
lautet: „Hat ein jeder zuförderst Anstalt zu machen, dass
Er des gesammten Petrii-Werthes von 120 Reichsthalern pro
Informatione, Tisch-Geld, Stube, Bette und Einheitzen, alles
auf ein Jahr und über Haupt gerechnet, bei der Hand haben
und richtig zahlen könne“. Also erste Bedingung Geld!
§ 2 beschäftigt sich mit den Einzelheiten der Zahlung, er
lautet: „Ist der dritte Theil des Petrii nämlich 40 Reichs-
thaler beim Antritte, die übrige zwei Dritttheile aber sind
auf die nächstfolgenden 2 Leipziger Messen, auf jede Messe
ein Dritttheil voraus zu zahlen uud dieses alles zwar, wenn
ihrer Zwei sich auf Einer Stuben und Einer Kammer, jedoch
dass ein Jeder sein Bett liabe, behelfen wollen. Sollte aber
Einer oder der Andere eine Stube oder Kammer alleine inne
haben wollen, derselbe hat das Jahr 12 Reichsthaler mehr
zu zahlen.“ Die nächstfolgenden Paragraphen bestimmen,
dass die gegenseitige Unterschrift dieser „Leges“ beide'Theile
bindet, dass die Tischcompagnie einen „Fiscus“ ernennen
müsse, eine Art Aufseher, der „Straffen“ zu ertheilen habe.
Alle vierzehn Tage wird ein anderer Student Fiscal. Das
Regiment ist überall streng. Vier Stunden müssen die Herren
Studiosi täglich Mathematik „richtig treiben“. Dazu haben
sie sich morgens und abends „präcise 6 Uhr und ehe der
in Nähe liegende Zeiger Wipperti ausschlägt einzustellen,
bei Straffe sechs Pfennige. Des unnöthigen Abtretens von
wehrender zweisttindiger Lection hat sich ein Jeder zu ent-
halten, oder auf Erkenntniss der Tisch-Compagnie eine will-
kührliche Straffe zu erlegen.“ In der Woche um 12 Uhr,
an Sonn- und Feiertagen um 11 Uhr, sowie um 6 Uhr Abends
wird stehend das Tischgebet gesprochen, dabei immer ge-
wissenhaft auf den bereits genannten „Zeiger Wipperti“ ge-
achtet. Das Niedersetzen muss „modeste“ erfolgen und nach
dem Range, den jeder auf der Universität einnimmt. Ab-
seits sitzt der Lector und liest „Nouvellen“ und andere nütz-
liche „Historica-Politika“, liernach erfolgt gegenseitige Aus-
sprache unter den Studenten. Weil der Lector, während die
anderen essen, lesen muss, kommt er eine halbe Stunde früher,
„damit Er der Ersten und vor ihn absonderlieh angerichteten
Speise geniessen könne“. Wer später zu Tisch kommt als
12 Uhr, zahlt einen Groschen „Straffe“, wer „abscöna vor-
bringt und sicli anderweit ärgerlich bezeiget, wird von der
Tischcompagnie per majora in eine Geldstraffe condemniret.“
Das Tischgebet wird wieder stehend verrichtet. In § 13
heisst es: „Weilen das nächtliche Ausgehen meistentheils
gross Unheil bringet, also soll das Haus Glock 9 von Michaelis
ati bis Phil. Jac. und mittler Zeit eine halbe Stunde lang-
samer geschlossen sein, diejenigen aber, welche langsamer
eingelassen sein wollen, sollen von jeder viertel Stunde 6 Pfg.
Straffe erlegen.“ Da der Herr Professor sein Haus, in dem
die Studenten wohnen, nach Möglichkeit reinhalten will, ist
diesen „bei Straffe 3 Groschen verboten, nach den Wohn-,
 
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