Nr. 21. HEIDELBERGER 1867.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Verhandluiigen des naturhistorisch-mediziiiisclieii
Vereins zu Heidelberg.
1. Vortrag des Herrn Prof. 0. Weber: »Ueber eine
Nervengeschwulst«, am 26. Oktober und 21. Dezember 1866.
(Das Manuscript wurde am 1. Mai 1867 eingereicht.)
Prof. 0. Weber bespricht einen kürzlich von ihm operirten
Fall von sog. Neurom des Nervus cruralis. Der Patient, ein 27jäh-
riger schmächtiger junger Mann, hatte zuerst im März 1866 eine
Geschwulst an der innern Seite des rechten Oberschenkels bemerkt;
sie hatte anfangs die Grösse einer Wallnuss und veranlasste sehr
bald heftige, von ihr ausstrahlende Schmerzen, welche die ganze
innere Seite des Beines einnahmen und blitzartig zeitweise beson-
ders in der Bettwärme oder nach stärkeren Anstrengungen auftra-
ten. Die Geschwulst wuchs rasch an und die Schmerzen wurden
zuletzt so heftig, dass der Kranke sehr abmagerte und seiner Be-
schäftigung nicht mehr nachgehen konnte. Bei der Aufnahme in
das Krankenhaus (am 29. Sept.) fanden wir eine Gänseeigrosse Ge-
schwulst in der Mitte des Oberschenkels die offenbar den Nervus
cruralis umgab und die bei ihrem raschem Wachsthum und der
pseudofluctuirenden Consistenz für ein Sarkom des Nerven ange-
sprochen werden musste. Nach der Meinung des Vortragenden ist
es nämlich nöthig, auch die Nervengeschwülste oder sog. Neurome
wieder ihrer anatomischen Natur nach zu classificiren und wo
möglich diese auch schon am Lebenden zu diagnosticiren. Die Ge-
schwulst war oval, 6 centim. breit 5 centim. lang und liess sich
nach den Seiten hin ziemlich verschieben, von oben nach unten
war keine Beweglichkeit möglich. Der untere Theil war vom m.
sartorius bedeckt und zeigt eine pulsirende Hebung und Senkung
durch die, wie es schien, auch durch die Geschwulst hindurchlau-
fende Arterie. Die Untersuchung der Geschwulst rief nur dann
Schmerz hervor, wenn man sie zu umgreifen suchte und stark hin
und her schob. Dann entstanden auch die bereits erwähnten bis
zum Fusse ausstrahlenden Schmerzen. Für gewöhnlich batte der
Kranke nur ein Gefühl von Pelzigsein, welches besonders längs der
vordere Innenseite des Unterschenkels sich bemerkbar machte und
.genau bis zur crista tibiae reichte. Die Sensibilität war an den ent-
sprechenden Stellen etwas vermindert. Die Beweglichkeit war unge-
stört, nur hatte der Kranke zuweilen leichte Zuckungen, besonders
LX. Jahrg. 5. Heft. ' 21
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Verhandluiigen des naturhistorisch-mediziiiisclieii
Vereins zu Heidelberg.
1. Vortrag des Herrn Prof. 0. Weber: »Ueber eine
Nervengeschwulst«, am 26. Oktober und 21. Dezember 1866.
(Das Manuscript wurde am 1. Mai 1867 eingereicht.)
Prof. 0. Weber bespricht einen kürzlich von ihm operirten
Fall von sog. Neurom des Nervus cruralis. Der Patient, ein 27jäh-
riger schmächtiger junger Mann, hatte zuerst im März 1866 eine
Geschwulst an der innern Seite des rechten Oberschenkels bemerkt;
sie hatte anfangs die Grösse einer Wallnuss und veranlasste sehr
bald heftige, von ihr ausstrahlende Schmerzen, welche die ganze
innere Seite des Beines einnahmen und blitzartig zeitweise beson-
ders in der Bettwärme oder nach stärkeren Anstrengungen auftra-
ten. Die Geschwulst wuchs rasch an und die Schmerzen wurden
zuletzt so heftig, dass der Kranke sehr abmagerte und seiner Be-
schäftigung nicht mehr nachgehen konnte. Bei der Aufnahme in
das Krankenhaus (am 29. Sept.) fanden wir eine Gänseeigrosse Ge-
schwulst in der Mitte des Oberschenkels die offenbar den Nervus
cruralis umgab und die bei ihrem raschem Wachsthum und der
pseudofluctuirenden Consistenz für ein Sarkom des Nerven ange-
sprochen werden musste. Nach der Meinung des Vortragenden ist
es nämlich nöthig, auch die Nervengeschwülste oder sog. Neurome
wieder ihrer anatomischen Natur nach zu classificiren und wo
möglich diese auch schon am Lebenden zu diagnosticiren. Die Ge-
schwulst war oval, 6 centim. breit 5 centim. lang und liess sich
nach den Seiten hin ziemlich verschieben, von oben nach unten
war keine Beweglichkeit möglich. Der untere Theil war vom m.
sartorius bedeckt und zeigt eine pulsirende Hebung und Senkung
durch die, wie es schien, auch durch die Geschwulst hindurchlau-
fende Arterie. Die Untersuchung der Geschwulst rief nur dann
Schmerz hervor, wenn man sie zu umgreifen suchte und stark hin
und her schob. Dann entstanden auch die bereits erwähnten bis
zum Fusse ausstrahlenden Schmerzen. Für gewöhnlich batte der
Kranke nur ein Gefühl von Pelzigsein, welches besonders längs der
vordere Innenseite des Unterschenkels sich bemerkbar machte und
.genau bis zur crista tibiae reichte. Die Sensibilität war an den ent-
sprechenden Stellen etwas vermindert. Die Beweglichkeit war unge-
stört, nur hatte der Kranke zuweilen leichte Zuckungen, besonders
LX. Jahrg. 5. Heft. ' 21