Marmor: Die Uebergabe von Konstanz an Oesterreich.
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politische und kirchliche Reaction mit raschen Schritten vorwärts.
In diese Tage fällt, was derVerf. nicht erwähnt und auch J. Eise-
lin (Geschichte und Beschreibung der Stadt Konstanz S. 166) nicht
mit dem Datum belegt hat, der Vorwurf gegen die Gesandten,
dass durch ihre Zähigkeit es nicht zur Aussöhnung gekommen sei
und in Folge dessen die Entsetzung Th. Blarers von der proviso-
risch verwalteten Bürgermeisterwürde durch die definitive Wahl
eines offenbar österreichisch gesinnten Zünftlers, des Bäckermeisters
Zündelin. Dieser lässt den Abt Gerwig Blarer über die Unter-
werfung der Stadt unter das Haus Oesterreich unterhandeln; ihnen
geht durch Versprechungen goldener Berge ein Konstanzer Reis-
läufer, Hauptmann Egli zur Hand, der als spanischer Soldat bei
dem Sturme des Alphons Vives mitgewirkt hatte, jetzt bei der
österreichischen Heeresabtheilung steht, die Freiherr von Pollweiler
zu Bregenz zur Vollziehung der Reichsacht sammelt, und, wie sicher
anzunehmen ist, schon vorher mit Zündelin und seinen Gesinnungs-
genossen in Verbindung stand. Jetzt trieb er sich zu Konstanz
herum und bei einer Zunftumfrage, bei welcher Zündelin die der
katholischen Geistlichkeit aus naheliegenden Gründen holden Fischer
und Bäcker in’s Vordertreffen schickt, ward den 11. Oct. mit einem
Mehr von 50 Händen die Unterwerfung unter Oesterreich beschlos-
sen. Wir hätten gewünscht, dass, dem Titel seiner Schrift ent-
sprechend, der Verf. gerade dieses Abspielen der Katastrophe ein-
gängiger behandelt hätte, zumal der Ausruf Thomas Blarers nach
der Abstimmung: »So erbarm’ sich Gott, dass ich in Augsburg
nicht anders gehandelt hab’, als was ihr mir befahlt!« klar an-
deutet, dass auch jetzt noch, in der zwölften Stunde, das Verfah-
ren der Gesandten einer Kritik unterworfen wurde.
Der Verfasser drückt sich (S. 39) hierüber so aus: Wie man
einerseits die verblendete Hartnäckigkeit des Rathes und der Bür-
ger von Konstanz und anderseits das Verfahren des Kaisers an-
sehen mag, so wird man doch anerkennen müssen, dass Konstanz
würdig gefallen etc.«
Wir glauben, dass Gesandte und Rath mit Erfolg nicht anders
handeln konnten und dass eben die Lage der Stadt, als Brücke
zwischen den vorarlberg’schen, schwarzwäldischen und rheinthali-
schen Besitzungen Oesterreich’s der Nagel am Sarge ihrer Reichs-
freiheit war.
Allerdings hätte mit einem Anerbieten von einem Dutzend
Feuerschlünden und 50000 Gulden die Stadt von vorneherein bes-
sere Behandlung von Seiten des Bischofs von Arras sich erkaufen
können. Allerdings hätte die Aufnahme des Domcapitels und des
Bischofs bei freier Ausübung ihrer Religion durch die Bürger-
schaft ebenso gut als zu Worms, Strassburg u. s. f. bei’m Augs-
burger Religionsfrieden sich verwinden können; der Bischof hätte
ebenso wohl, als früher und später seinen Sitz wieder au Mersburg
genommen, wo er allein herrschte. Aber die Aufnahme eines kaiser-
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politische und kirchliche Reaction mit raschen Schritten vorwärts.
In diese Tage fällt, was derVerf. nicht erwähnt und auch J. Eise-
lin (Geschichte und Beschreibung der Stadt Konstanz S. 166) nicht
mit dem Datum belegt hat, der Vorwurf gegen die Gesandten,
dass durch ihre Zähigkeit es nicht zur Aussöhnung gekommen sei
und in Folge dessen die Entsetzung Th. Blarers von der proviso-
risch verwalteten Bürgermeisterwürde durch die definitive Wahl
eines offenbar österreichisch gesinnten Zünftlers, des Bäckermeisters
Zündelin. Dieser lässt den Abt Gerwig Blarer über die Unter-
werfung der Stadt unter das Haus Oesterreich unterhandeln; ihnen
geht durch Versprechungen goldener Berge ein Konstanzer Reis-
läufer, Hauptmann Egli zur Hand, der als spanischer Soldat bei
dem Sturme des Alphons Vives mitgewirkt hatte, jetzt bei der
österreichischen Heeresabtheilung steht, die Freiherr von Pollweiler
zu Bregenz zur Vollziehung der Reichsacht sammelt, und, wie sicher
anzunehmen ist, schon vorher mit Zündelin und seinen Gesinnungs-
genossen in Verbindung stand. Jetzt trieb er sich zu Konstanz
herum und bei einer Zunftumfrage, bei welcher Zündelin die der
katholischen Geistlichkeit aus naheliegenden Gründen holden Fischer
und Bäcker in’s Vordertreffen schickt, ward den 11. Oct. mit einem
Mehr von 50 Händen die Unterwerfung unter Oesterreich beschlos-
sen. Wir hätten gewünscht, dass, dem Titel seiner Schrift ent-
sprechend, der Verf. gerade dieses Abspielen der Katastrophe ein-
gängiger behandelt hätte, zumal der Ausruf Thomas Blarers nach
der Abstimmung: »So erbarm’ sich Gott, dass ich in Augsburg
nicht anders gehandelt hab’, als was ihr mir befahlt!« klar an-
deutet, dass auch jetzt noch, in der zwölften Stunde, das Verfah-
ren der Gesandten einer Kritik unterworfen wurde.
Der Verfasser drückt sich (S. 39) hierüber so aus: Wie man
einerseits die verblendete Hartnäckigkeit des Rathes und der Bür-
ger von Konstanz und anderseits das Verfahren des Kaisers an-
sehen mag, so wird man doch anerkennen müssen, dass Konstanz
würdig gefallen etc.«
Wir glauben, dass Gesandte und Rath mit Erfolg nicht anders
handeln konnten und dass eben die Lage der Stadt, als Brücke
zwischen den vorarlberg’schen, schwarzwäldischen und rheinthali-
schen Besitzungen Oesterreich’s der Nagel am Sarge ihrer Reichs-
freiheit war.
Allerdings hätte mit einem Anerbieten von einem Dutzend
Feuerschlünden und 50000 Gulden die Stadt von vorneherein bes-
sere Behandlung von Seiten des Bischofs von Arras sich erkaufen
können. Allerdings hätte die Aufnahme des Domcapitels und des
Bischofs bei freier Ausübung ihrer Religion durch die Bürger-
schaft ebenso gut als zu Worms, Strassburg u. s. f. bei’m Augs-
burger Religionsfrieden sich verwinden können; der Bischof hätte
ebenso wohl, als früher und später seinen Sitz wieder au Mersburg
genommen, wo er allein herrschte. Aber die Aufnahme eines kaiser-