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oder zerbrochene Stücke, dabei auch manchmal Gussbrocken, Gussformeri
und Rohmaterial in Barren- oder Ringform. Der grösste dieser Funde
ist bekanntlich der von S. Francesco bei Bologna, welcher über 14000
Stücke enthielt. In unserem Lande war der bedeutendste der Guss-
stättenfund von Ackenbach bei Ueberlingen: er hatte bei seiner Ent-
deckung ein Gewicht von einem Zentner, jetzt ist er bis auf wenige
Sicheln, Meissei, Lanzenspitzen und Gussbrocken eingeschmolzen. Man
hat viel über die Bedeutung dieser Funde gestritten. In einzelnen Fällen
mag es ein Opfer (stips sacra) sein, in andern die bei feindlichen Ein-
fällen vergrabene und nicht mehr gehobene Habe eines sich flüchtenden
Ansiedlers. In den meisten Fällen aber haben wir es unzweifelhaft mit
einer Art Handelsniederlage hausierender Händler zu thun. Es war ja
für sie nicht ratsam, ihre sämtlichen Schätze, die sie aus fernem Süd
oder den Ufern des Rhone und der Donau direkt oder indirekt bezogen
hatten, den habsüchtigen Augen der Eingeborenen zu zeigen. So ver-
gruben sie an geeigneten Orten einen Teil ihrer Vorräte, die nach Bedarf
wieder hervorgeholt wurden. Wie mancher mag aber von seinen Wande-
rungen zu den Gehöften der Barbaren nicht mehr zurückgekehrt sein! Das
Geschäftsinteresse verlangte natürlich, dass die Eingeborenen nicht sobald
in die Geheimnisse des Bronzegusses eingeweiht wurden und möglichst
lange Zeit auf diesen Tauschverkehr beschränkt blieben. Indessen giebt
es auch Massenfunde, welche keinen Zweifel lassen, dass an der betreffen-
den Stelle eine wirkliche Gussstätte war. Die Entscheidung-ist daher
oft schwierig, ob sie die Werkstatt eines wandernden Händlers oder schon
eines einheimischen Handwerkers bezeichnet. Denn man versteht ganz
wohl, dass der fahrende Händler auch Gussformen und den sonst nötigen
Apparat mitnahm, um an Ort und Stelle die von den Eingeborenen einge-
tauschten zerbrochenen Stücke umzuschmelzen. Andererseits aber steht
es namentlich durch die Pfahlbaufunde fest — am Bodensee z. B. für
Unteruhldingen —, dass mit der Zeit an manchen Orten auch die
Eingeborenen den Bronzeguss lernten. Auch für Oberbaiern hat Naue
für die jüngere Bronzezeit, wie wir gesehen haben, einheimische Bronze-
Industrie angenommen. Wohl mit Recht. Bedenklicher dagegen erscheint
es, wenn von Tröltsch *) aus einigen württembergischen und badischen
Depot- und Gussfunden (Pfeffingen, Beuron, Unadingen, Ackenbach etc.)
eine über ganz Württemberg, Hohenzollern und Baden verbreitete ein-
1) Württemberger Vierteljahrshefte 1889 S. 81 f., Corr.-Bl. f. Anthr. 1890 S. 51 f.
(v. Tröltsch).
oder zerbrochene Stücke, dabei auch manchmal Gussbrocken, Gussformeri
und Rohmaterial in Barren- oder Ringform. Der grösste dieser Funde
ist bekanntlich der von S. Francesco bei Bologna, welcher über 14000
Stücke enthielt. In unserem Lande war der bedeutendste der Guss-
stättenfund von Ackenbach bei Ueberlingen: er hatte bei seiner Ent-
deckung ein Gewicht von einem Zentner, jetzt ist er bis auf wenige
Sicheln, Meissei, Lanzenspitzen und Gussbrocken eingeschmolzen. Man
hat viel über die Bedeutung dieser Funde gestritten. In einzelnen Fällen
mag es ein Opfer (stips sacra) sein, in andern die bei feindlichen Ein-
fällen vergrabene und nicht mehr gehobene Habe eines sich flüchtenden
Ansiedlers. In den meisten Fällen aber haben wir es unzweifelhaft mit
einer Art Handelsniederlage hausierender Händler zu thun. Es war ja
für sie nicht ratsam, ihre sämtlichen Schätze, die sie aus fernem Süd
oder den Ufern des Rhone und der Donau direkt oder indirekt bezogen
hatten, den habsüchtigen Augen der Eingeborenen zu zeigen. So ver-
gruben sie an geeigneten Orten einen Teil ihrer Vorräte, die nach Bedarf
wieder hervorgeholt wurden. Wie mancher mag aber von seinen Wande-
rungen zu den Gehöften der Barbaren nicht mehr zurückgekehrt sein! Das
Geschäftsinteresse verlangte natürlich, dass die Eingeborenen nicht sobald
in die Geheimnisse des Bronzegusses eingeweiht wurden und möglichst
lange Zeit auf diesen Tauschverkehr beschränkt blieben. Indessen giebt
es auch Massenfunde, welche keinen Zweifel lassen, dass an der betreffen-
den Stelle eine wirkliche Gussstätte war. Die Entscheidung-ist daher
oft schwierig, ob sie die Werkstatt eines wandernden Händlers oder schon
eines einheimischen Handwerkers bezeichnet. Denn man versteht ganz
wohl, dass der fahrende Händler auch Gussformen und den sonst nötigen
Apparat mitnahm, um an Ort und Stelle die von den Eingeborenen einge-
tauschten zerbrochenen Stücke umzuschmelzen. Andererseits aber steht
es namentlich durch die Pfahlbaufunde fest — am Bodensee z. B. für
Unteruhldingen —, dass mit der Zeit an manchen Orten auch die
Eingeborenen den Bronzeguss lernten. Auch für Oberbaiern hat Naue
für die jüngere Bronzezeit, wie wir gesehen haben, einheimische Bronze-
Industrie angenommen. Wohl mit Recht. Bedenklicher dagegen erscheint
es, wenn von Tröltsch *) aus einigen württembergischen und badischen
Depot- und Gussfunden (Pfeffingen, Beuron, Unadingen, Ackenbach etc.)
eine über ganz Württemberg, Hohenzollern und Baden verbreitete ein-
1) Württemberger Vierteljahrshefte 1889 S. 81 f., Corr.-Bl. f. Anthr. 1890 S. 51 f.
(v. Tröltsch).