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Staats-Aktionen“, welche historische Stoffe, ja Vorgänge behan-
deln, die sich in der geschichtlich allerjüngsten Zeit ereigneten,
tragen den Charakter von Improvisationen. Eigenartig ist die
Unterscheidung der zur Aufführung gelangenden Stücke.
„Aktionen“ ist die für Aufführungen allgemein gültige Be-
zeichnung. „Agiren“ ist das dazu gehörige Zeitwort. Die „Haupt-
und Staatsaktionen“ behandeln zumeist geschichtliche Stoffe.
„Komödie“ ist das ernste Spiel, bisweilen kommt auch das Wort
„Tragikomödie“ vor. Nach den Komödien werden als Nachspiele
„Farcen“ auf geführt — so werden auch Molieres Lustspiele be-
zeichnet oder „Possenspiele“.
In der Bezahlung der Komödianten wird ein Unterschied ge-
macht, je nachdem sie ein Stück ganz oder teilweise auswendig
lernen oder improvisieren. Das Improvisieren wird geringer
bezahlt.
Ehe Magister Johannes Velthen mit seiner Truppe in Deutsch-
land herumzog, waren schon Versuche gemacht worden, die dra-
matische Kunst auf ein höheres Niveau zu bringen. Sie mußten
scheitern, fehlte es doch an guten Stücken. Der Geschmack der
Menge ließ alle weiteren Versuche fehlschlagen. Im Konkurrenz-
kampf der Truppen, die in den Residenzstädten und größeren
Städten wie z. B. Leipzig, Frankfurt a. Μ., Augsburg bei Messen
zu spielen pflegten, siegte schließlich stets die, welche die gröb-
sten Possenreißer mit sich führte.
Im Winter 1656 auf 1657 waren die beiden Komödianten Hans
Ernst Hoffmann und Peter Schwarz4, die sich 1656 von der Truppe
eines damals bekannten Komödianten namens Joris Jollifous,
deren Hauptdarsteller sie waren, getrennt und eine eigene Ge-
sellschaft gebildet haften, am Hofe Carl Ludwigs mit Erfolg auf-
getreten. Aber auch diese Truppe verrohte in der Wahl ihrer
Stücke, wie der Derbheit ihrer Darstellung immer mehr. Das
wüste Schreien auf der Bühne gab die Veranlassung zur Bildung
des heute noch in übertragener Bedeutung im Gebrauch befind-
Nach Holland war es durch englische Schauspieler gekommen, lieber die Bildung des
Wortes und seine Bedeutung besteht noch keine Klarheit. Vielleicht ist ur-
sprünglich eine Gestalt mit einem sehr faltigen eingeschrumpften Gesicht, das
zum Lachen reizt, gemeint, eingeschrumpft wie ein getrockneter geräucherter
Häring, ähnlich wie man die Bezeichnung „Stockfisch“ als eine Art Schimpfwort
gebraucht. Die Pickelhäring-Figur entspricht dem französischen „Jean potage“,
dem englischen „Jack Pudding“, „buffoon“, dem italienischen „buffone“,
„arlecchino“, „pagliaccio“.
4 Vgl. Mannheimer Geschichfsblätfer, XXIII, Nr. 4, S. 82.

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