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In den Körpern gibt es keinen Existenz gründ, wie
leicht bewiesen werden kann, denn wenn du auch bis
ins Unendliche zurückgehst, wirst du immer nur die
Körper vervielfachen, aber den Grund nicht einsehen,
warum sie eher so sind als anders. Die "Zusammenstel-
lung der Bedingungen eines Körpers und die Zusam-
menstellung aller Bedingungen eines anderen Körpers
liegt in ein und demselben. Was auch immer dieses ein-
zige sei, es ist der letzte Grund der Dinge.
(Gottfried Wilhelm Leibniz)9-’

III. Standardisierung als Argument.
Ahnentafel und Stammtafel
als Legitimationsgrund von Dynastien
Wie der vorhergehende Abschnitt bereits angedeutet hat, scheint in der Regel die
komplexe genealogische Information aus einer mündlichen Kommunikation ent-
nommen und dann schriftlich fixiert worden zu sein. Was sich daraus ergab, war eine
Gemengelage, die aus methodisch aufbereitetem und damit heutigen wissenschaft-
lichen Kriterien genügendem Material bestand, wenigstens m Teilen aber auch mit
fiktionalen Ergänzungen bestückt war. Eine positivistische Trennung dieser beiden
Bereiche würde jedoch kaum der zeitgenössischen Wahrnehmung gerecht werden,
denn die Forderung nach wissenschaftlichem Abgleich wurde - wenn überhaupt -
erst ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an die Genealogien herangetragen.
Paradigmatisch für einen solchen Schritt ist die Wiederaufnahme des Innsbrucker
Grabmalprojektes für Kaiser Maximilian I. durch Ferdinand I. 1546/1547. Die zahl-
reichen Statuen, die noch von Maximilian der Dynastie als Vorfahren inkorporiert
wurden, ließ der Enkel umwidmen oder entfernen, weil sie inzwischen für die habs-
burgische Hausgeschichte als wissenschaftlich nicht mehr haltbar erachtet wurden.93 94 95
Wenn eine Genealogie mit mehr als nur dem dynastieanzeigenden Einzelwappen
auftritt, dann werden - sofern es sich nicht um Herrschaftswappen handelt - die da-
bei entstehenden Verzeichnisse stets in Stamm- oder in Ahnensysteme unterteilt.9'

93 Zit. bei Holz 1992,5.71!.
94 Vgl. Bietenholz 1994, S. 202. - Zu Innsbruck auch Oberhammer 1935, S. 56ff., 74ff.
95 Ahnentafel und Stammbaum sind kaum untersuchte frühneuzeitliche Systembildungen. Ein-
führende instruktive Artikel zur Ahnentafel bieten Neubecker/Möller 1937, S. 227-233. -
Zum >Baum< vgl. Föhl 1948, S. 73-90. - Zur Ahnenprobe vgl. Schreiner 1980, S. 233.
 
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