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V. Elaborierte Evidenz.
Das steinerne Grabmonument
als genealogischer Systemträger
Steinerne Grabdenkmale stellten im Alten Reich vom 15. bis zum 17. Jahrhundert die
ohne Zweifel wichtigste Gruppe von Monumenten dar, die mit genealogischen
Zeichen ausgestattet wurden. Mit dem erstmaligen Auftreten mehrreihiger Ahnen-
wappen am Ende des Spätmittelalters wurde in der Grabmalskunst em Weg beschrit-
ten, der in den folgenden zwei Jahrhunderten Genealogien unterschiedlichster
medialer Ausformung entstehen ließ. Genealogische Anteile am Grab können sich
wie in Innsbruck bei Maximilian 1. auf Statuen beziehen, aber auch in der reduzier-
ten Form einfacher Namenstäfelchen auftreten, wie etwa beim Grabdenkmal für den
Fürsten Borwin zu Mecklenburg im Güstrower Dom (Abb. 85).313 * 315 316 317 In den weitaus
meisten Fällen vermitteln sie sich jedoch über Wappen, die ihrerseits in verschieden-
ster Materialität, Blasonierung, Größe und vor allem Anzahl vorliegen können.
Nicht selten treten die Wappen auch im Verbund mit Portraits als deren Helmzier
auf.3'4 Und vor allem bilden sie sich wieder in den schon kennengelernten unter-
schiedlichen genealogischen Verfahren ab - allerdings seit dem 15.Jahrhundert mit
deutlichem Schwerpunkt auf den Ahnenwappen.
In der Frühen Neuzeit gab es viele dynastische Grabdenkmale, die ihr ikonogra-
phisches Programm mit einer relativ geringen Anzahl Ahnenwappen ausstatteten,
den Genealogien also nur einen begrenzten Stellenwert einräumten. Solche Beispiele
werden hier jedoch nicht vorrangig behandelt, zumal niederzahlige Wappendis-
positionen mit acht oder weniger Wappen bereits in einschlägigen Abhandlungen
ausführlich erörtert wurden.'1' Hier sollen an einigen Monumenten hochadliger
Provenienz die differenzierten und mitunter komplexen Distributionssysteme mit
wenigstens acht oder sechzehn Wappen betrachtet werden.
Die Forschungen zum Epitaph, der gängigen Bezeichnung auch für fürstliche
Grabmonumente, beziehen sich zumeist auf die Anfänge dieser Gattung.3'6 Für die
nachreformatorischen Grabdenkmale ist eine funktionale Trennung von Grabmal
und Epitaph, wie sie dort getroffen wird, jedoch nicht grundsätzlich sinnvoll:3'7 Im

313 Hierzu siehe unten Kap. V.3.
3 14 So etwa am Grabmonument für Ulrich zu Mecklenburg in Güstrow. Vgl. Kap. V. (Güstrow).
315 Zur Distribution solcher Wappenzahlen vgl. Neubecker 1937.
316 So bei Weckwerth 1937, S. 147ff.
317 Vgl. Tebbe 1992, S. 10.
 
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