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Heidelberger Familienblätter — 1879

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No. 26 - No. 34 (2. April - 30. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43709#0127

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Reiſenden eine großartige Production; 2⸗ bis 5000 ſtrei-
tende Männer im Waffenſchmucke tanzen in einem ziem-
lich ſchnellen Tempo und Alle im gleichen Tacte, der den
Tanz begleitende Geſang, bald zu loderndem Kampf ge-
hoben, bald zu tiefer Betrübniß um den todten Tſchaka,
den Napoleon Südafrikas, durchdrungen, ſoll nicht ohne
melodiſchen Reiz ſein.
Die Rührigkeit und höhere Stellung der Zulu über
den übrigen Kafferſtämmen ſpricht ſich auch in der Sorg-
falt aus, welche ſie dem Bau ihrer Wohnungen (Kraal)
widmen, die ſowohl in der Form, als auch im Machwerk
niedrigen Bienenkörben, in großem Maßſtabe ausgeführt,
gleichen. Die Zulu ſind von Haus aus, wie die übrigen
Kaffern, mit Ausnahme der von Tſchaka einſt ihrer Selbſt-
ſtändigkeit beraubten Fingo, ein Nomadenvolk, deſſen
ganzer Reichthum und Stolz der Beſitz von Rindern iſt,
wie denn auch die Viehzucht als ehrenvoll gilt und aus-
ſchließlich von Maͤnnern betrieben wird. Durch das
freiere Verhältniß des gemeinen Mannes zum Häuptling
unterſcheiden ſich die Kaffern und insbeſondere die Zulu
weſentlich von den Negern. Trotz der ſtrammen Dis-
eiplin in Kriegszeiten hat Jedermann in den Raths-
verſammlungen das Recht, ſeine Anſicht frei zu äußern.
Der Zauberei und dem Aberglauben ſind die Zulu we-
niger als die übrigen Kaffernſtämme zugethan, indeß
ſpielt der Regenmacher und Doctor (Heilkünſtler, der
Wiſſende) noch immer eine große Rolle. Daß die Zulu
unerſchrockene, durch todesmuthige Tapferkeit ausgezeich-
nete Krieger ſind, haben die Ereigniſſe auf dem Kriegs-
ſchauplatze eindringlich genug bewieſen. Zu den Schatten-
ſeiten der Zulu wie aller übrigen Kaffernſtämme gehört
der tiefeingewurzelte Hang zum Viehdiebſtahl; auf die
Vermehrung der Rinderheerden ſinnt der Zulu Tag und
Nacht, Alles, was er beſitzt, wird womöglich in Kühe
umgeſetzt und mit Kühen alles Koſtbare, auch das Weib
gekauft. Zu den Koſtbarkeiten und erſehnteſten Genüſſen
gehört der Tabak, wie denn auch die Schnupftabaksdoſe
und die Pfeife zu den unentbehrlichſten Luxusgegenſtänden
jedes Zulu gehören.
Im ehelichen Leben der Zulu herrſcht, wie bei den
übrigen Kaffernſtämmen, Poly jamie. Der Mann nimmt
ſich in der Regel ſo viele Frauen, als er zu kaufen im
Stande iſt; der Kaufpreis beſteht in einer beſtimmten
Anzahl Kühe; die Verheirathung des Mannes iſt jedoch
gleich dem Baue eines Kraals und jedem wichtigern Un-
ternehmen nicht allein von ſeinem eigenen Willen ab-
hängig, ſondern in erſter Linie von der Erlaubniß des
Häuptlings oder Königs. Dieſe Einſchränkung hat in
der militäriſchen Disciplin des Volkes ihren berechtigten
Grund.
Die geringen Fortſchritte der beiden zu Pandas
(Ketſchwayo's Vater) Reglerungszeiten errichteten Miſſionen
am weißen Umvolsi und zu Eſulvini nahe dem Umlatosi
wurden durch Ketſchwayo noch weiter durch die Verfü-
gung gehemmt, daß er den Uebertritt zum Chriſtenthum
bei ſeinen Unterthanen mit ſchweren Strafen ahndete.
Die ſtaatlichen Verhältniſſe des Zulu⸗Landes ſind ſehr
einfache. Innerhalb des Stammes iſt der Häuptling,
gegenwärtig Ketſchwayo, unumſchränkter Herr, deſſen
Wort dem Geſetze gleich geachtet wird. Jedoch muß auch
er ſich mit den beſtehenden Satzungen und Gewohnheiten
und mit den Anſichten der Unter⸗ oder Diſtrictshäupt-
linge in Uebereinſtimmung ſetzen. Unter der Herrſchaft
der früheren Häuptlinge Dingiswayd Tſchaka und Panda
wurde der Grund zu der gegenwartigen militäriſchen
Organiſation des Zulu⸗Volkes gelegt, als deren weſent-
licher Beſtandtheil die allgemeine Wehrpflicht jedes waffen-
fägigen Mannes von ſeinem 15. bis zum 60. Jahre gilt,

Schlangen.

Eu —

und als deren Reſultat die Aufſtellung eines Heeres von
über 40000 disciplinirten und ziemlich gut ausgerüſteten.
Kriegern anzuſehen iſt. Die Bewaffnung des Heeres
mit den landesüblichen Lanzen, Wurfſpießen, Keulen und
Haken wurde in neuerer Zeit durch portugieſiſche Händler
dahin verbeſſert, daß ein Theil des Heeres mit Gewehren
verſehen werden konnte. ö
Der Ausgang des gegenwärtigen Kampfes der Zulu
um Erhaltung ihrer Selbſtſtändigkeit kann nicht zweifel-
haft ſein; der letzte große und unabhängige Stamm wird

der Uebermacht europäiſcher Kriegskunſt trotz ſeiner Tapfer-
keit unterliegen und Land und Leute dem britiſchen Co-

lonialbeſitz einverleibt werden, gerade ſo, wie es bereits
1876 mit Frei⸗Kaffraria geſchaeh. Mag man auch mit
der britiſchen Colonialpolitik nicht ſympathiſiren, ſo läßt
ſich doch nur wünſchen, daß Südafrika und indirekt da-
durch Centralafrika der Civiliſation dauernd erſchloſſen
werde; unter den gegenwärtigen Verhältniſſen iſt England
aber allein die einzige europäiſche Macht, welche im Stande
iſt, mit Ausſicht auf Erfolg ſich der Löſung dieſer Auf-
gabe zu unterziehen. —

Ausſprüche berühmter Profeſſoren in der
Geographie⸗ und Geſchichtsſtunde.

In Afrika iſt noch viel mehr unbekannt, als man
überhaupt weiß.
Bulgarien iſt durch langjährige Knechtſchaft ſo ver-
kommen, daß auch die rechtſchaffenſten Menſchen daſelbſt
wie die Raben ſtehlen. ö ö
Die foſfilen Ueberreſte der vorſündfluthlichen Menſchen
haben der Mehrzahl nach den Höhlenbären-Charakter;
nur wenige dieſer Knochen hängen mit dem Feuerſtein
zuſammen. ö ö
Als die Gänſe das Capitol gerettet hatten, wurden
ſie durch Lebenslänglichkeit geehrt.
Julius Caͤſar dictirte ſelbſt in unbeſchäftigten Mo-
menten die wichtigſten Briefe auf einmal hinter einander,
ohne zu denken.
Die letzte Gemahlin Karls des Großen, theils aus

Gallien, theils aus Schwaben ſtammend, überlebte ihren

verwittweten Gaiten um mehrere Jahre.
Leonidas fiel bei den Termopylen mit 300 Spar-
tanern, unter welchen ſich auch 1000 Thesbier befanden;
von denen ſpricht man nicht, weil ſie ohnedies gefallen
waren. ö
Cromwell hatte eine ſolche Furcht vor Verſchwörungen,
daß er unmittelbar vor ſeinem Tode jeden Tag in einem
andern Zimmer ſtarb, um ſeine Freunde zu täuſchen.
Epaminondas war ſo wahrheitsliebend, daß er ſelbſt
nicht im Scherze log, wenn er es that.
Tarquinius Superbus hieß der „Stolze“, weil er
das Volk im Grunde eigentlich mehr verachtete, als
beſtahl.
Cleopatra ſtarb an einigen Biſſen ſelbſtgeſäugter
Das Elſaß mußte ſchon deßhalb von Deutſchland
wieder genommen werden, weil es ſehr paſſend an Frank-
reich grenzt. ö
Cröſus bereute ſeinen Reichthum ſo tief, daß Cyrus
ihm mittelſt einer Leiter die Verzeihung auf den Scheiter-
haufen hinauf bringen mußte.
 
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