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Feulner, Adolf [Hrsg.]; Hugo Helbing <Frankfurt, Main> [Hrsg.]
Nachlass San.-Rat Dr. O. Grossmann, Frankfurt a. M., Nachlass Louis Marx, Frankfurt a. M., Sammlung v. Neufville und anderer Privatbesitz, Sammlung Prof. Alex. Linnemann, Frankfurt a. M.: Plastik der Gotik und der Renaissance, Kleinplastik des Barock, byzantinisches Kreuz, antikes Kunstgewerbe, Silber, antike Möbel, frühgotische Scheiben und Schweizer Scheiben, alte und moderne Gemälde ; Versteigerung: Dienstag 9. und Mittwoch 10. Dezember 1930 — Frankfurt a.M., 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.5107#0008
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Der Katalog beschreibt den Kunstbesitz von vier nach Art und Inhalt ganz
verschiedenen Sammlungen.

Der Nachlaß des Bankier von Neufville ist der Hausrat des vornehmen Frank-
furter Patrizierhauses. Die Einrichtung umfaßt das Mobiliar und die Kunstwerke,
die zur Ausstattung gehörten. Die Kunstwerke sind nicht aus einer bestimmten
Liebhaberei oder aus einer Sammlerneigung mit spezieller Tendenz zusammen-
gebracht, sondern der persönliche Geschmack, Erbschaft und dekorative Rücksicht
haben sie so vereinigt. Am wertvollsten sind die Gemälde.

Persönlicher ist der Nachlaß von Louis Marx. Aus leicht begreif lidien Gründen.
Marx war Kunsthändler von Ruf. Er hat vor dem Krieg in Paris gelebt. Sein
Geschäft war nicht groß, sein Lager nicht umfangreich, aber immer ausgewählt.
Er hat sich im Lauf der Zeit auf die Plastik spezialisiert und sich mit intuitiver
Sicherheit in das Gebiet eingelebt. Eine Reihe von bekannten Werken in ver-
schiedenen Museen, auch Deutschlands, ist durch seine Hände gegangen. Ich nenne
eine Skulptur von besonderem Rang, die wundervolle Maria des Museums in
Budapest, die zum Kreis der schönen deutschen Marien gehört. Marx hat sie kurz
vor dem Kriege in Amiens gefunden und nach Deutsdiland gebracht. Mit Kriegs-
beginn war Marx in seine Heimat nach Frankfurt zurückgekehrt. Das eigentliche
Geschäft hat er aufgegeben. In der Hauptsache war er Liebhaber und Sammler
alter Kunst und außerdem war er ein liebevoller und uneigennütziger Berater aller,
die sich mit dem Sammeln alter Plastik beschäftigten. Der Tod hat ihn überrascht.
Die Auktion bringt seine Sammlung. Sie enthält nicht wenige Kostbarkeiten, so
das byzantinische Kreuz der Zeit Justinians IL, die französische Steinmadonna
um 1300, die frühgotische, französische Elfenbeinmadonna, deutsche Skulpturen der
Gotik von bleibendem Wert und deutsche Kleinplastik des Barock und Rokoko.

Professor Alexander Linnemann war Glasmaler und ein bekannter Kenner.
Die Glasmalereien, hauptsächlich des vierzehnten Jahrhunderts, die hier zur Ver-
steigerung kommen, bilden keine eigentliche Sammlung. Es sind Vorbilder von
besonderer Qualität, Architekturfenster von ausgezeichneter Erhaltung, wirksam
durch die farbige Komposition.

Die größere Hälfte der Kunstwerke kommt aus dem Nachlaß eines Frank-
furter Kunstliebhabers, des Arztes Dr. Otto Großmann. Das Vv^ort Kunstliebhaber
ist in diesem Falle nur ein schwacher Ausdruck. Es gibt lange nicht den Inhalt
dieser Art von Besessenheit, von Fanatismus für die Kunst, die den Sammler be-
herrscht hat. Alle möglichen Faktoren haben da zusammengewirkt. Heimatliebe,
die die ausschließliche Begeisterung für die heimatliche Kunst eingeflößt hat, die
romantische Sehnsucht nach der guten historischen Zeit und dazu noch die wissen-
schaftliche Neigung, entsprungen aus der beruflichen Vorbildung des Arztes, der
auch die kleinsten Symptome beachten muß. Sie waren der Anlaß, daß der
Sammler auch das Einfache, Unauffällige und wenig Beachtete früher als andere
als würdiges Objekt in den Kreis der Betrachtung zog. Die Gewöhnung an die exakte
Forschung hat ihm keine Ruhe gelassen, bis er den geschichtlichen Sinn des ein-
 
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