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Einleitung

BEMERKUNGEN ZUR HISTORISCHEN LANDESKUNDE

I. KURFÜRSTENZEIT UND MITTELRHEINISCHE POLITIK
Die Berufung Peter Parlers nach Prag und der Erlaß der goldenen Bulle durch
Karl IV. erfolgten im selben Jahrzehnt. Der Beginn der deutschen Spätgotik fällt
also zusammen mit dem Beginn einer neuen Epoche in der Geschichte des Reiches.
Für diese Epoche wurde der Name „Kurfürstenzeit" vorgeschlagen (1). — Die
mittelrheinisAe GesAiAte des 15. Jahrhunderts läßt sich gut unter den Begriff
der Kurfürstenzeit stellen. Sie wurde in Mainz, Heidelberg und Frankfurt ge-
macht. In Mainz saß der vornehmste geistliche, in Heidelberg der vornehmste welt-
liche Kurfürst des Reiches. Beide hatten nach altem Brauch zur Königswahl nach
Frankfurt einzuladen. Dort trat das Kurfürstenkollegium zum Wahlakt zusam-
men (2).
Während des ganzen Jahrhunderts war Frankfurt der Schauplatz lebhafter
diplomatischer Tätigkeit. Immer wieder trafen dort die mittelrheinischen Fürsten
zusammen, um Bündnisse abzuschließen oder um auf einem „gütlichen Tag"
Streitigkeiten beizulegen (3). FreiliA kam es trotz aller Verhandlungen nicht zu
einem Zusammengehen der beiden mittelrheinischen Vormächte Kurmainz und
Kurpfalz. SAuld daran waren vor allem die territorialen Verhältnisse. Der Main-
zer und der Pfälzer waren nicht nur Kurfürsten, sondern auch Landesherren.
Beider Territorien waren auf vielfältige und kuriose Weise ineinander ver-
sAränkt. Es war unmögliA, alle ReAte genau gegeneinander abzugrenzen. Le-
hensverhältnisse, Verpfändungen, SAutz- und Schirmherrschaften hatten im
Laufe der Jahrhunderte eine völlig verworrene Lage geschaffen. Die Spannungen
zwischen den beiden mittelrheinischen Vormächten waren nicht zu lösen. Der
Adel, die Städte, die mittleren, kleinen und kleinsten Herren wußten das zu
nutzen. Die territoriale Zersplitterung am Mittelrhein hatte im ganzen römischen
Reich nicht ihresgreiAen. Nicht zufällig war ein Mainzer Kurfürst, Berthold von
Henneberg, der entsAiedenste Vertreter der Reichsreform (4).
Mehrmals während des hier zu betrachtenden Zeitraumes führten die Span-
nungen im mittelrheinisAen Raum zu blutigen Auseinandersetzungen. Die Fron-
ten weAselten dabei ständig. Das komplizierte Kräftesystem drängte Freunde in
versAiedene, Feinde in gemeinsame Lager. Es bewirkte jedoch auA ein Gutes.
Die Entfremdung der einzelnen Partner wurde verhindert. Die Vermittlertätig-
keit ging während der Kampfhandlungen stets weiter. Dies gilt auch für die
schlimme Mainzer Bistumsfehde (1462) und den pfälzischen Erbfolgekrieg
 
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