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Drittes Kapitel

DIE FRANKFURTER SCHULE IM RHEINGAU
I. DlE BAUTÄTIGKEIT IN KlEDRICH VOR ERRICHTUNG DER MICHAELSKAPELLE (248)
V orb emerkung
Kiedrich gehört zu jenen zauberhaften Orten des Rheingaues, zu deren Glanz
die Gunst der Natur, die fromme Gesinnung der MensAen und die Heiterkeit
der Künste in gleicher Weise beitrugen. Ein heiliger Bezirk, am Berghang ge-
legen, bildet das Herz der Siedlung. Er wird von Mauern umfriedet, birgt den
alten Gottesacker, die Pfarrkirche St. Valentin und die Totenkapelle St. MiAael;
im Osten begrenzen ihn Pfarrhaus und Meßnerwohnung, na& Westen sAloß
siA einst ein Hospital für kranke Wallfahrer an. - Die PfarrkirAe überragt den
stillen Bezirk (Abb. 25). Mehrere Generationen trugen zu ihrem Bau bei. Das
UntergesAoß des Langhauses, der Turm, der Chor und das ObergesAoß des
Langhauses entstanden naAeinander. Auch die Michaelskapelle hat eine ei-
gene BaugesAiAte. — Was eigentlich zusammengehört, muß eine chronologisAe
BetraAtungsweise trennen. So wird es notwendig, die Bautätigkeit nach Perioden
zu sondern. Dabei gilt es jedoA, stets das Ganze vor Augen zu behalten: der
heilige Bezirk in Kiedrich stellt eine Einheit dar und ist eine Einheit. Ein Geist
spricht zu uns aus allen seinen Teilen. Das ist kein nach Jahrzehnten abgrenzbarer
Zeitgeist und nicht der Geist einer EpoAe, sondern der lebendige Geist einer
über die Zeiten dauernden Gemeinde. Ein geordnetes Gemeinwesen, durch aller-
lei glückliche Umstände begünstigt, treu in der Überlieferung und einmütig im
Glauben, maAte sich hier auf seine besAeidene Weise ein Bild von der ewigen
Ordnung, der ewigen SAönheit und der ewigen GemeinsAafk Auf Grund dieser
GemeinsAaA wußten siA die Bewohner des Ortes aufs innigste verbunden mit
ihrem heiligen Patron, „ Jetne gnten Herren sant Valentin", und zu dieser Gemein-
schaft gehörten auA die bresthaften „Ullgeryn Jif Valentinen! Jen liefen Seligen
Irynze! Jorsten seAen" (249). Diese Pilger, meist Gelähmte und Epileptiker, wur-
den im Hospital durch die „elenJige ßreJertAa/2" betreut. Starb einer der Unglück-
lichen, so wurde er von der gesamten BrudersAafl zu Grabe getragen (250).
Geschichte
Ortsverjasseng. - Die Bewohner des Rheingaues genossen im Mittelalter be-
sondere, dem städtisAen BürgerreAt ähnliche Freiheiten (251). So gab es in Kied-
rich keine LeibeigensAaA. Seit dem 14. Jahrhundert verwaltete der Ort sich
selbst. Nur der ErzbisAof wurde als Herr anerkannt; der Einfluß der Burg-
 
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