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GertAfMer die
und Darstellungsweise erinnern an Miniaturmalerei. Hier handelt es sich um einen
Pracht-Entwurf. Dieser unterscheidet sich wesentlich von anderen Bauzeichnun-
gen des 15. Jahrhunderts. Er gibt nicht nur Anleitung zum Bauen, sondern erregt
Baufreude. So wendet er sich in gleicher Weise an Fachleute und Laien, an Stein-
metzen und Bauherren. Sein Meister kann nicht nur Architekt gewesen sein, er
muß auch Buchmalerei erlernt haben. Für einen deutsAen Hüttenmeister scheint
dies ungewöhnliA zu sein. Ungewöhnlich, ja fremdartig ist indessen alles an der
Zeichnung: die Verwendung von Sepia, die Farbigkeit, die Perspektive, das
Kuppelmotiv, die Maßwerkformen und die wunderbar ausgewogenen Propor-
tionen. - ÄiJ? Z? (Abb. 19) (155): Riß B ist eine Planbearbeitung des Risses A im
Sinne der deutsAen Hüttentradition. Er ist unkoloriert und schwarz gezeichnet,
verziAtet auf Perspektive und erstrebt Vollständigkeit des Details. Gegenüber
Riß A wirkt er derb; trotzdem handelt es sich um eine vorzügliAe Arbeit. Wich-
tigste Abweichungen von Riß A: die Tabernakel wurden mit Figuren gefüllt,
groteske Wasserspeier eingezeichnet, Kuppel und Oktogon verbreitet, das Maß-
werk und die Gesamtproportion verändert. — RiJ? C (156): Der Meister des Risses
C ging auf Riß A zurüA, nahm aber entscheidende Neuerungen vor. Er ver-
zichtete auf die Kuppel, ließ die unteren Strebebögen fort, verbreiterte das
Oktogongeschoß und sAloß den Turm mit einer Maßwerkbrüstung ab. Die
Zeichnung ist von minderer Qualität. Der Verzicht auf die Kuppel ermögliAte
das vereinfachte Strebesystem. Der Meister, offenbar Nikolaus Queck, dürfte
dem Drängen des StiAskapitels nachgekommen sein, die Kosten zu senken.
Geschichte: An Hand der Risse kann man die BaugesAichte verfolgen.
ZunäAst wurde nach Riß A gearbeitet. Dann, offenbar während der Arbeiten
am zweiten TurmgesAoß, wurde Riß B maßgebliA. NoA 1483 diente dieser Riß
als Grundlage. Damals war die Rede von den „MMdersten Twittrdger?!" (157). Diese,
die untersten Strebebögen, dürften von Hans von Ingelheim begonnen worden
sein, wurden aber, wie es scheint, von Queck wieder abgebrochen. Danach be-
nutzte man Riß C als Vorlage und begnügte sich mit den oberen Strebebögen.
Das entsprach offenbar den Intentionen des StiAskapitels. 1504 kam der Rat wie-
der zum Zuge. Er ließ dem StiAspfarrer mitteilen, „der ryss sy der ^est" (158).
So kam Riß A neu zu Ehren. Nach diesem vollendete Jakob Bach von Ettlingen
die Kuppel. Der Streit kam jedoch niAt zur Ruhe und verhinderte sAließliA die
Ausführung der Turmlaterne (159).
Meister : JAKOB BACH VON ETTLINGEN führte den Bau erst naA Riß C, dann
naA Riß A. Er galt bisher als ausführender Meister ohne eigene Intentionen.
Dabei scheint er ein Architekt hohen Ranges gewesen zu sein. Obwohl QueA
das Strebesystem reduziert hatte, wagte Bach den Aufbau der Kuppel. Dies muß
hohes Können erfordert haben. WahrsAeinliA gehörte der Heidelberger Hof-
steinmetz zu den besten Meistern seiner Zeit (160). - Über NIKOLAUS QuECK ein
Urteil zu fällen, ist schwer. Seine wenig anspreAende Lösung mag diktiert wor-
den sein. Immerhin sAeint HANS FLÜCKE VON INGELHEIM der bedeutendere Mei-
ster gewesen zu sein. Allerdings läßt sich auch von ihm kein klares Bild gewinnen.
Die von Denzinger eingeführte Zuschreibung des Risses „B" an Hans von Ingel-
GertAfMer die
und Darstellungsweise erinnern an Miniaturmalerei. Hier handelt es sich um einen
Pracht-Entwurf. Dieser unterscheidet sich wesentlich von anderen Bauzeichnun-
gen des 15. Jahrhunderts. Er gibt nicht nur Anleitung zum Bauen, sondern erregt
Baufreude. So wendet er sich in gleicher Weise an Fachleute und Laien, an Stein-
metzen und Bauherren. Sein Meister kann nicht nur Architekt gewesen sein, er
muß auch Buchmalerei erlernt haben. Für einen deutsAen Hüttenmeister scheint
dies ungewöhnliA zu sein. Ungewöhnlich, ja fremdartig ist indessen alles an der
Zeichnung: die Verwendung von Sepia, die Farbigkeit, die Perspektive, das
Kuppelmotiv, die Maßwerkformen und die wunderbar ausgewogenen Propor-
tionen. - ÄiJ? Z? (Abb. 19) (155): Riß B ist eine Planbearbeitung des Risses A im
Sinne der deutsAen Hüttentradition. Er ist unkoloriert und schwarz gezeichnet,
verziAtet auf Perspektive und erstrebt Vollständigkeit des Details. Gegenüber
Riß A wirkt er derb; trotzdem handelt es sich um eine vorzügliAe Arbeit. Wich-
tigste Abweichungen von Riß A: die Tabernakel wurden mit Figuren gefüllt,
groteske Wasserspeier eingezeichnet, Kuppel und Oktogon verbreitet, das Maß-
werk und die Gesamtproportion verändert. — RiJ? C (156): Der Meister des Risses
C ging auf Riß A zurüA, nahm aber entscheidende Neuerungen vor. Er ver-
zichtete auf die Kuppel, ließ die unteren Strebebögen fort, verbreiterte das
Oktogongeschoß und sAloß den Turm mit einer Maßwerkbrüstung ab. Die
Zeichnung ist von minderer Qualität. Der Verzicht auf die Kuppel ermögliAte
das vereinfachte Strebesystem. Der Meister, offenbar Nikolaus Queck, dürfte
dem Drängen des StiAskapitels nachgekommen sein, die Kosten zu senken.
Geschichte: An Hand der Risse kann man die BaugesAichte verfolgen.
ZunäAst wurde nach Riß A gearbeitet. Dann, offenbar während der Arbeiten
am zweiten TurmgesAoß, wurde Riß B maßgebliA. NoA 1483 diente dieser Riß
als Grundlage. Damals war die Rede von den „MMdersten Twittrdger?!" (157). Diese,
die untersten Strebebögen, dürften von Hans von Ingelheim begonnen worden
sein, wurden aber, wie es scheint, von Queck wieder abgebrochen. Danach be-
nutzte man Riß C als Vorlage und begnügte sich mit den oberen Strebebögen.
Das entsprach offenbar den Intentionen des StiAskapitels. 1504 kam der Rat wie-
der zum Zuge. Er ließ dem StiAspfarrer mitteilen, „der ryss sy der ^est" (158).
So kam Riß A neu zu Ehren. Nach diesem vollendete Jakob Bach von Ettlingen
die Kuppel. Der Streit kam jedoch niAt zur Ruhe und verhinderte sAließliA die
Ausführung der Turmlaterne (159).
Meister : JAKOB BACH VON ETTLINGEN führte den Bau erst naA Riß C, dann
naA Riß A. Er galt bisher als ausführender Meister ohne eigene Intentionen.
Dabei scheint er ein Architekt hohen Ranges gewesen zu sein. Obwohl QueA
das Strebesystem reduziert hatte, wagte Bach den Aufbau der Kuppel. Dies muß
hohes Können erfordert haben. WahrsAeinliA gehörte der Heidelberger Hof-
steinmetz zu den besten Meistern seiner Zeit (160). - Über NIKOLAUS QuECK ein
Urteil zu fällen, ist schwer. Seine wenig anspreAende Lösung mag diktiert wor-
den sein. Immerhin sAeint HANS FLÜCKE VON INGELHEIM der bedeutendere Mei-
ster gewesen zu sein. Allerdings läßt sich auch von ihm kein klares Bild gewinnen.
Die von Denzinger eingeführte Zuschreibung des Risses „B" an Hans von Ingel-