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Die ^%yrhcAe

(Abb. 71). Der Rache Wölbgrund erhielt ein Muster aus geraden und gebogenen
Rippen (739). Die Wirkung der Bogenrippen überwiegt. Beiderseits der Scheitel-
schlußsteine entstanden schildförmige Rippenmotive. Ihre Reihung ergab ein sehr
eigenartiges Gewölbesystem. Grimschitz bezeiAnet dieses System als „Rippenfüh-
rung in gegenständigen Schildpaaren" (740). Am Mittelrhein und in den um-
liegenden KunstlandsAaften ist das Motiv in dieser Form einmalig. VielleiAt gab
es ähnliche Gewölbemuster in Bayern; allerdings gelang es dem Verfasser niAt,
solche dort naAzuweisen. Nach Feuchtmüller kommt das besAriebene Gewölbe-
muster in OsterreiA vor, nämlich in der 1513 erriAteten Sebastianskirche zu
Weyer im Bezirksamt Steyr (741).
In der Plansammlung der Wiener Akademiebibliothek gibt es mehrere Risse
mit dem Gewölbemuster aus gegenständigen Schildpaaren. Unter ihnen befindet
sich der Entwurf für einen Chor (Abb. 72). Dieser gleicht in Grundriß und Rip-
penfiguration, von einer geringen Variation in der Führung des östliAen Rippen-
paares abgesehen, dem Chor in St. Martin. Die Entwurfszeichnung trägt die
Nummer Ak. 16879. Grimschitz und Feuchtmüller halten sie für ein Werk Anton
Pilgrams (742), freilich ohne etwas von der Ausführung in St. Martin zu wissen.
Die Zuschreibung läßt sich anzweifeln (743). Auf jeden Fall ist fraglich, ob
das auf dem Riß angegebene Gewölbemuster, wie angenommen wird, in der
Wiener Bauhütte erfunden wurde. Das Gewölbe der Straßburger Laurentius-
kapelle enthält ebenfalls schildförmig gebogene Rippen und läßt darauf
schließen, in Straßburg habe man siA unter Jakob von Landshut mit ähn-
lichen Gewölbemustern besAäftigt (744). Das Gewölbesystem von St. Martin,
der Wiener Riß und das Gewölbe in Weyer könnten sehr wohl allesamt von
Straßburg angeregt worden sein. Dabei kann man, wenn man will, annehmen,
die Vermittlung zwisAen Straßburg und Österreich sei durch Anton Pilgram er-
folgt (745).
Allerdings gibt es noch eine dritte MögliAkeit. Der Wiener Riß könnte
aus der Meisenheimer Bauhütte stammen. Es gibt in der Plansammlung der
Wiener Akademiebibliothek eine Reihe von Rissen, deren mittelrheinische
Herkunft offensiAtlich ist. Ein in Wien aufbewahrter Gerthener-Riß wurde oben
besprochen (746). Andere, für die Meisenheimer Schloßkirche und verwandte
Bauten maßgebliAe Risse sind im folgenden Kapitel behandelt. Dabei wird die
weitverbreitete AnsiAt, die Wiener Plansammlung sei mit dem Archiv der Wie-
ner Bauhütte identisch, anzufechten sein (747). Bevor man Genaues über den
Charakter dieser Plansammlung weiß, läßt siA nur soviel sagen: ein Zusammen-
hang zwischen Riß Ak. 16879 und dem Gewölbe in St. Martin besteht zweifellos.
WelAer Art dieser Zusammenhang ist und wie er zustande kam, bleibt fraglich.
Eine direkte Anregung durch die Wiener Bauhütte kommt für St. Martin kaum
in Betracht. Man muß vielmehr mit Anregungen aus Straßburg oder Meisenheim
rechnen.
 
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