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Hoppe, Stephan
Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schloßbaus in Mitteldeutschland: untersucht an Beispielen landesherrlicher Bauten der Zeit zwischen 1470 und 1570 — Köln: Abteilung Architekturgeschichte des Kunsthistorischen Instituts der Universität zu Köln, 1996

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https://doi.org/10.11588/diglit.69717#0089
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Das Wittenberger Schloß von 1489 - 1508

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2. Der Neubau des Wittenberger Kernschlosses ab 1489
a. Geschichtlicher Überblick und heutiger Zustand des Schlosses
Wittenberg und seine alte Burg waren bis 1422 der Herrschaftsmittelpunkt
des von den Askaniem regierten Herzogtums Sachsen-Wittenberg gewesen.
Seit das Territorium zusammen mit der sächsischen Kurwürde 1423 an die
Wettiner gefallen war, besaßen die Stadt und die Burg nur noch den Status
eines Verwaltungssitzes eines Amtes. Erst mit Kurfürst Friedrich III., der
Weise genannt, der 1486 die Regierung der emestinischen Landesteile über-
nommen hatte, zu denen auch Wittenberg gehörte, stieg wieder die politische
und kulturelle Bedeutung des Ortes.
Ab dem Rechnungsjahr 1489/90 ließ der Kurfürst anstelle der alten Burg an
der Südwestecke der Stadt in zwei eng zusammengehörigen Bauetappen ei-
nen vollständigen Neubau errichten. Aus den erhaltenen Rechnungen
geht hervor, daß zuerst mit dem Süd- und dem Westflügel des Kemschlosses
begonnen wurde und anschließend die Schloßkapelle als Nordflügel angefügt
wurde (Abb. 24; außerdem Abb. 25, die untere Hälfte). Der verglaste Rohbau
der Wohnflügel war bereits 1495 fertiggestellt, und um 1508 waren auch die
Wölbarbeiten an der Schloßkirche vollendet, so daß der erste Bauabschnitt
damals bewohnt werden konnte.'8" Es ist nicht mehr bekannt, wer für den
Entwurf des Kemschlosses verantwortlich war. Der später mit der Ober-
leitung des Baus betraute Konrad Pflüger, der ein Schüler Arnolds von West-
falen war, ist erst ab 1496 in Wittenberg nachweisbar.183 Nach einer längeren

Zur Geschichte und Baugeschichte des Schlosses siehe im wesentlichen: Harksen, Si-
bylle: Das Schloß zu Wittenberg. In: Schriftenreihe des stadtgeschichtlichen Museums
Wittenberg 1, Wittenberg 1977, S. 25 - 46 und Abbildungsteil. Dieser Aufsatz ist eine
veränderte Neupublikation von: Harksen, Sibylle: Schloß und Schloßkirche in Witten-
berg. In: 459 Jahre Reformation. Berlin 1967, S. 341 - 365. Im folgenden wird in der
Regel die jüngere Schrift als Nachweis herangezogen.
Die Rechnungen zum Wittenberger Schloßbau befinden sich im ThHStA Weimar,
EGA, in der Regel Reg. S und Reg. Bb. Sie sind in Auszügen wiedergegeben bei:
Bruck, Robert: Friedrich der Weise als Förderer der Kunst. Straßburg 1903, S. 256 -
265.
Die Datierung nach Harksen 1967 bzw. 1977.
Harksen 1967, S. 356. Sibylle Harksen geht allerdings davon aus, „daß Konrad Pflüger
bei der Planung des Wittenberger Schlosses von Anfang an mitgewirkt hat, obwohl
dann Claus Roder den Bau leitete; denn soweit wir heute beider Werk kennen, scheint
Konrad Pflüger zu der Planung eines solchen Baues weitaus befähigter gewesen zu
sein“ (S. 356). Schon Wanckel und Gurlitt haben auf die Ähnlichkeit des Wittenberger
Schlosses in seiner Gesamtkonzeption mit der von Friedrichs Bruder als Erzbischof von
Magdeburg errichteten Moritzburg in Halle hingewiesen (Wanckel/Gurlitt 1895, S. 15).
 
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