Einleitung
1
k. Einleitung
Eine strikte terminologische Trennung zwischen dem Phänomen der „Burg“ und dem
des „Schlosses“ ist in der hier behandelten Übergangsphase kaum zu vollziehen. Die
zeitgenössische Wortwahl kannte eine dem heutigen Sprachgebrauch entsprechende
Unterscheidung nicht, dort wurde in der Regel vom Schloß oder Haus gesprochen. Da
im folgenden außerdem ein besonderes Augenmerk auf funktionale Aspekte gerichtet
wird, ist eine sonst in der Regel formaltypologisch begründete Differenzierung (vgl.
Großmann, Georg Ulrich: Der Schloßbau in Hessen 1530 - 1630. Diss. Marburg 1979,
S. 37 ff.) im vorliegenden Fall wenig sinnvoll. Kürzlich hat Uwe Albrecht deshalb in
seiner auf einen beträchtlich umfangreicheren Zeitraum und einen weiteren Bautenkreis
ausgerichteten Studie den Begriff „Adelssitz“ verwendet (Albrecht, Uwe: Der Adelssitz
im Mittelalter. Studien zum Verhältnis von Architektur und Lebensform in West- und
Nordeuropa. München 1995, siehe S. 3). Da in folgenden ein Zeitraum an der Schwelle
zur Neuzeit betrachtet wird, sollen hier alle Anlagen, bei deren umfangreicher Neupla-
nung die Wohn- und Repräsentationsfunktion in einem höfischen Kontext im Vorder-
grund standen, einheitlich als Schloß bezeichnet werden.
Der Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war die Frage, wie die deutschen
Schloßbauten des 16. Jahrhunderts im Inneren als Ganzes aufgebaut waren,
und wie bestimmte Nutzungsgewohnheiten architektonisch umgesetzt wor-
den sind. Der Schloßbau1 stellte in der frühen Neuzeit zwar eine der Haupt-
bauaufgaben der sich konsolidierenden zahlreichen TerritoralStaaten im
Deutschen Reich dar, der Großteil dieser Bauten ist aber entweder in den
Kriegen des 17. oder 18. Jahrhunderts beschädigt oder zerstört worden, oder
die gewandelten Vorstellungen von adeliger Repräsentation und Wohnkultur
haben zu solchen Umbauten oder Umnutzungen geführt, daß heute oft nur
noch die äußeren Hüllen der Bauten erlebbar sind.
Allerdings ist die Quellenlage für die Analyse der ursprünglichen Raum-
organisation der Schloßanlagen nicht so ungünstig, wie es der innere Überlie-
ferungszustand der Bauten selbst vermuten lassen könnte. Besonders im
ehemaligen sächsischen Hoheitsgebiet wurden durch die im Laufe des 16.
Jahrhunderts intensivierte Verwaltungsorganisation und Archivierungstätig-
keit ungewöhnlich zahlreiche und vergleichsweise detaillierte Inventarver-
zeichnisse überliefert, die den Zustand und die räumliche Struktur der Bauten
bis zu Details der wandfesten Ausstattung beschreiben. Durch Kombination
dieser datierbaren Momentaufnahmen mit den Resten der Bausubstanz und in
der Regel jüngeren Plänen lassen sich die Raumstrukturen verschiedener
Bauten fast vollständig rekonstruieren. Die Inventare geben außerdem wich-
tige Hinweise auf die Nutzungen einzelner Räume und damit Ansatzpunkte
für die Rekonstruktion auch der funktionalen Struktur.
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k. Einleitung
Eine strikte terminologische Trennung zwischen dem Phänomen der „Burg“ und dem
des „Schlosses“ ist in der hier behandelten Übergangsphase kaum zu vollziehen. Die
zeitgenössische Wortwahl kannte eine dem heutigen Sprachgebrauch entsprechende
Unterscheidung nicht, dort wurde in der Regel vom Schloß oder Haus gesprochen. Da
im folgenden außerdem ein besonderes Augenmerk auf funktionale Aspekte gerichtet
wird, ist eine sonst in der Regel formaltypologisch begründete Differenzierung (vgl.
Großmann, Georg Ulrich: Der Schloßbau in Hessen 1530 - 1630. Diss. Marburg 1979,
S. 37 ff.) im vorliegenden Fall wenig sinnvoll. Kürzlich hat Uwe Albrecht deshalb in
seiner auf einen beträchtlich umfangreicheren Zeitraum und einen weiteren Bautenkreis
ausgerichteten Studie den Begriff „Adelssitz“ verwendet (Albrecht, Uwe: Der Adelssitz
im Mittelalter. Studien zum Verhältnis von Architektur und Lebensform in West- und
Nordeuropa. München 1995, siehe S. 3). Da in folgenden ein Zeitraum an der Schwelle
zur Neuzeit betrachtet wird, sollen hier alle Anlagen, bei deren umfangreicher Neupla-
nung die Wohn- und Repräsentationsfunktion in einem höfischen Kontext im Vorder-
grund standen, einheitlich als Schloß bezeichnet werden.
Der Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war die Frage, wie die deutschen
Schloßbauten des 16. Jahrhunderts im Inneren als Ganzes aufgebaut waren,
und wie bestimmte Nutzungsgewohnheiten architektonisch umgesetzt wor-
den sind. Der Schloßbau1 stellte in der frühen Neuzeit zwar eine der Haupt-
bauaufgaben der sich konsolidierenden zahlreichen TerritoralStaaten im
Deutschen Reich dar, der Großteil dieser Bauten ist aber entweder in den
Kriegen des 17. oder 18. Jahrhunderts beschädigt oder zerstört worden, oder
die gewandelten Vorstellungen von adeliger Repräsentation und Wohnkultur
haben zu solchen Umbauten oder Umnutzungen geführt, daß heute oft nur
noch die äußeren Hüllen der Bauten erlebbar sind.
Allerdings ist die Quellenlage für die Analyse der ursprünglichen Raum-
organisation der Schloßanlagen nicht so ungünstig, wie es der innere Überlie-
ferungszustand der Bauten selbst vermuten lassen könnte. Besonders im
ehemaligen sächsischen Hoheitsgebiet wurden durch die im Laufe des 16.
Jahrhunderts intensivierte Verwaltungsorganisation und Archivierungstätig-
keit ungewöhnlich zahlreiche und vergleichsweise detaillierte Inventarver-
zeichnisse überliefert, die den Zustand und die räumliche Struktur der Bauten
bis zu Details der wandfesten Ausstattung beschreiben. Durch Kombination
dieser datierbaren Momentaufnahmen mit den Resten der Bausubstanz und in
der Regel jüngeren Plänen lassen sich die Raumstrukturen verschiedener
Bauten fast vollständig rekonstruieren. Die Inventare geben außerdem wich-
tige Hinweise auf die Nutzungen einzelner Räume und damit Ansatzpunkte
für die Rekonstruktion auch der funktionalen Struktur.