Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hübsch, Heinrich
Bauwerke: Text zum ersten und zweiten Heft — Karlsruhe und Baden, 1838

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3193#0021
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
19

Für unsere Landkirchen — sowohl für die evangelischen als für die katholischen — sind
nach meiner Ueberzeugung die kleineren Basiliken Italiens die in jeder Beziehung passend-
sten Motive. Dieselben entstanden ebenfalls in einer Zeit, wo auf christliche Kirchen noch
nicht viel verwendet wurde. Aber dennoch machen sie einen tiefen Eindruck auf Jeden,
und beschämen in ihrer Armuth manche mit Gold überladene moderne Kirche. Wenn ich
mir auch nicht verhehle, dass ein grosser Theil des Eindruckes dem ehrwürdigen Alter
dieser aus den ersten christlichen Jahrhunderten stammenden Monumente zuzuschreiben ist;
so liegt doch gewiss sehr viel in der zweckmäsigen und stattlichen Haupt-Anordnung des
Ganzen und in der eigenthümlichen Architectur. Die letztere bietet — trotz der durch Be-
nützuug antiker Fragmente eingeschlichenen heterogenen Details — einen in-wahrhaft kind-
licher Unbefangenheit gefundenen organischen Zusammenhang der Haupt-Formen dar. Das hohe
heilige Ziel ist mit frommem Sinn auf dem nächsten Wege einfach erreicht.

Von diesem Standpuncte ausgehend, will ich nun versuchen einige Bestimmungen über
die in Bezug auf Architectur wichtigsten Momente zu geben — nämlich über die Haupt-
Anordnung, das Haupt-Verhältniss des Innern, die Kirchen-Decke, die Fenster, das Aeussere
und die Ausschmückung.

/. Die Haupt-Anordnung
ist hauptsächlich in Bezug auf das Innere zu verstehen und soll hier nur ihrer allgemeineren
Gestalt nach betrachtet werden, ohne auf die mehr von Localität und Individualität abhängende
Stellung der Thürme, Vorhallen, Treppen u. dergl. einzugehen.

A. Bei katholischen Kirchen sind die wesentlichen Theile, welche das Innere hauptsächlich
gestalten, das Langhaus, der Chor und die Orgelbühne.

Bei dem Langhaus erwartet man schon dem Worte nach eine gewisse Länge, und es
wird sich Jeder ungünstig überrascht fühlen, wenn ihm bei dem Eintritt in eine Kirche die
gegenüberstehende Wand zu nahe ist. Daher wähle man zur Grundgestalt des Langhauses
bei kleineren Kirchen immer ein Oblongum, und kein Quadrat, kein Octogon, keinen Kreis
oder dergl. *). Würde z.B. bei einer kleinen Kirche dem Langhaus, welches nur 1800 Quadrat-
Fuss enthalten soll, die Form eines Quadrats gegeben; so bliebe einem, nachdem man unter
der ("gewöhnlich vorn nach der Quere angelegten) 12 bis 15 Fuss tiefen Orgelbühne hervor-

*) Ich will übrigens hiermit die kleinen Capellen des Mittelalters, welche oft die eben verworfenen
Grund-Formen haben, nicht geradezu tadeln, weil der durch die Kürze verringerte Eindruck hier
wieder durch die imponirende monumentale Ausführung — durchgängige Ueberwölbung statt der
hölzernen Decken u. s. w. — von der anderen Seite gehoben wird.
 
Annotationen